Freie Hochschule Stuttgart
Silvia Eidenberger-Lange
Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt
In welchem Zusammenhang steht der schamanische Aspekt
bei Joseph Beuys mit der Sozialen Plastik?
wissenschaftlich-schriftliche Masterarbeit
Kursleiter: Prof. Hutter
Mentorin: Olga Schiefer
vorgelegt von: Silvia Eidenberger-Lange
Abschlussjahr: 2017
vorgelegt am: Stuttgart, den 25. Oktober 2017
Wortzahl: 15703
Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt
In welchem Zusammenhang steht der schamanische Aspekt
bei Joseph Beuys mit der Sozialen Plastik?
INHALT
Abstrakt
Einleitung
Teil 1: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt
1. 1. Die Materie
1. 1. a. Die Materie in ihrer Substanz
1. 1. b. Die Materie in ihrem Kraftfeld
1. 1. c. Die Materie in ihrer Bipolarität: Zweck-und Selbstzweckcharakter
der Materie
1 .2. Provokation
1. 3. Das Schamanische Prinzip
1. 4. Das Tier
1. 5. Der mythologische Aspekt
Teil 2: Der erweiterte Kunstbegriff
2. 1. Das Plastische Prinzip
2. 2. Intuition und Denken
2. 3. Die soziale Plastik
2. 4. Der erweiterte Kunstbegriff im Überblick
Schluss
Anhang: Was bedeutet die Kunst von Joseph Beuys für den
Kunstunterricht
Literaturverzeichnis
Honigkopf, 1965 Aus: Soziale Plastik, Achberger Verlag
Abstrakt
In dieser Arbeit wird die Rolle, die der schamanische Aspekt im Werk von Beuys spielt erläutert: Er wird als Werkzeug für die Soziale Plastik definiert.
„ Das Einbeziehen schamanischer Ebenen ist für Joseph Beuys eine Möglichkeit
die übersinnliche Ebene, den intuitiven Aspekt als notwendige Voraussetzung für die kreativen Prozesse in der Gestaltung der sozialen Plastik zu veranschaulichen.“ (vorliegende Thesis, S.53) Damit ist die Titelfrage nach dem Zusammenhang beantwortet.
Als Untersuchungsmethode dient die Analyse der Aktion vom toten Hasen. Insbesondere wird die zentrale Rolle der Materie veranschaulicht.
Beuys hat in seinem Kunstbegriff die Materie aus dem materialistischen Wissen-schaftsbegriff befreit. Er setzt sie gegen den Materialismus ein und hat damit ein neues Paradigma geschaffen. Beuys arbeitet nicht mit der künstlerischen Gestaltung der Materie im Sinne von Plastizieren. Er arbeitet mit dem Stoff und dessen ‚Kräften‘, mit Materie, die er in ihrer Substanz als geistige Kraft sieht.
„Über die ganz reale Erscheinung des Stoffes bringt Beuys die Materie in ihren Kräftezusammenhang und macht sie für den Betrachter erlebbar.“ (vorliegende Thesis, S.6).
Das gesamte Werk von Joseph Beuys ist in seiner Bipolarität zu verstehen, in seiner Objekthaftigkeit und seiner Ideenhaftigkeit. Ebenso ist die Materie selbst in ihrer Stoff-Geistigkeit bipolar.
Die Notwendigkeit der Kunst in die ‚Herzfragen‘ der Gesellschaft hineinzuwirken ist der Grundgedanke des Kunstbegriffs von Joseph Beuys.
Einleitung
“Ich wollte, daß die Menschen, die in ihrem egoistischen Fehlverhalten gegenüber der Wirklichkeit sich so sehen wie sie eben sind, mal zeigen, daß sogar ein toter Hase noch viel mehr von diesem Wirklichkeitszusammenhang weiß, also zum Beispiel die Bilder der modernen Kunst besser versteht als der Mensch mit seinem verkorksten, so genannt rationalistischen Intellekt. In dieser Sondersituation wollte ich die Menschen nicht hereinlassen, weil sie diesen reinen, heiligen Vorgang mir nicht stören sollten. Aber ich wollte es natürlich für die Menschen machen und nicht für die Hasen, ich wollte es für die Menschen produktiv machen.”
(Eva Beuys, Wenzel Beuys: Joseph Beuys. Joseph Beuys Medienarchiv, Steidl, Göttingen, 2010)
Wie komme ich auf Beuys für meine Masterthesis? In meinen eigenen Arbeiten finden sich keine Anknüpfungspunkte, Beuys lag irgendwie abgespeichert in mir, nebulös, rätselhaft unaufgeschlüsselt.
Im Zusammenhang mit einem Seminar schaute ich mir das Video von der Aktion
„Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt“ an, und blieb daran hängen, mit vielen Wiederholungen, in einer Stimmung von Befremdlichkeit einerseits und andererseits einem eigenartigen Gefühl der Vertrautheit und Nähe, so daß ich mich wie zwischen zwei Polen bewegte. Ich hatte den Eindruck auf ein Zentrum gestoßen zu sein, das ich bisher im Zusammenhang mit Beuys nicht getroffen hatte.
Der Mann mit dem Goldkopf in dieser Aktion war ein anderer als der, den ich kannte aus Diskussionen und Vorträgen zum Erweiterten Kunstbegriff, Ökonomie und Kapital. Beuys war entrückt, war zurückgetreten hinter die Figur, die den Hasen im Arm hält, das tote Tier wie ein Kind, eingehüllt im Schweigen der Handlung, denn obwohl Beuys erklärt, mit dem Hasen spricht, hängt ein Gewebe aus wortlosen Wörtern darüber, ein raumfüllendes Schweigen.
Die Fremdheit des goldenen Kopfes verschwindet hinter der Intimität, die die beiden, Mensch und Tier, vereint, einer Zärtlichkeit, die mich mit den beiden Figuren, oder besser mit dem was zwischen ihnen liegt, verbindet.
Archaischer Goldkopf, die Maske des Priesters, Mykene und Agamemnon, sakrales Geschehen, das tote Tier, Ebenen, die jenseits der äußeren Realität liegen, Ebenen die sich dem Alltagsbewusstsein nicht erschließen– mit Kraft und Strenge werde ich hineingezogen.
Beuys spricht von der ‚Sondersituation’, vom ‚heiligen Vorgang’, von einem
‚Wirklichkeitszusammenhang’ der von einem toten Hasen besser verstanden werde als von Menschen, die in ihrer Ratio festhängen.
Auf welcher Ebene treffen sich Mensch und totes Tier? In welchem Zusammenhang mit Beuys’ Werken, Objekten, Installationen steht diese Aktion, wo ist sie im Zusammenhang mit dem erweiterten Kunstbegriff und der sozialen Plastik anzusiedeln?
Teil 1: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt
Im November 1962 eröffnet die Galerie Schmela in Düsseldorf die Ausstellung ‚ irgendein Strang‘ von Joseph Beuys. Die Ausstellung war in drei Teile gegliedert. Der erste Teil hieß ‚ Die Eröffnung’, der mittlere ‚ irgendein Strang’ und der letzte Teil ‚ wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’.
‚Die Eröffnung’ bezieht sich im direkten Sinn auf die Ausstellung, welche eröffnet wird, als auch in einem metaphorischen Sinn auf die Eröffnung eines vorher unbekannten Raumes, der sich im Laufe der Aktion auftut wenn Beuys in seiner Künstler- Schamanenrolle, in seiner Vermittlerrolle, erklärend dem toten Tier begegnet.
Zu Beginn der Aktion öffnet sich der Vorhang wie in einem Theater und suggeriert einen Bühnenraum, einen erst verborgenen, den Menschen unzugänglichen Bereich, ähnlich den Vorstellungen antiker Mysterien. Unzugänglich, insbesondere auch deshalb weil Beuys die Zuschauer nicht in den Galerieraum einließ. Sie blieben während der Dauer der Aktion draußen vor dem Schaufenster der Galerie und konnten von dort aus den Verlauf der Aktion verfolgen, wobei sie so gut wie nichts von dem hören konnten, was Beuys mit leisen Worten zu dem toten Tier sprach.
Er wollte in dieser besonderen Situation keinesfalls gestört werden, wie er später, siehe obiges Zitat, sagte .Als der Vorhang aufgeht sitzt Beuys auf einem Schemel in einer Ecke des Galerieraumes, den Hasen im Arm.
Beuys Kopf ist mit Honig und Blattgold beklebt. Er erhebt sich und beginnt einen Rundgang durch den Galerieraum, hält inne, erklärt dem toten Tier seine Bilder, leise sprechend und sich liebevoll zuwendend. Er lässt die Pfoten des Tieres die Bilder berühren, oder geht selbst auf allen Vieren, die Hasenohren im Mund, das Tier vor sich herschleppend.
Es ist eine Szene von höchster Konzentration und Intimität. Noch viele Jahre später, in der Diskussionsrunde im ORF, Club 2, am 27. 1. 1983 erwähnen die Teilnehmer die Atmosphäre dichtester Konzentration und Zärtlichkeit dieser Aktion von Beuys.
In der Aktion sind die Materialien Gold und Honig, sowie die Materie des Hasenfells, als Hülle des vormals Lebendigen von auffallender Bedeutung. Bezugnehmend auf den hohen Stellenwert den die genannte Stofflichkeit in dieser Aktion hat werde ich folgende Themen in meiner Untersuchung bearbeiten:
1. 1. Die Materie
„Beuys hat die Materie in einen Zustand gebracht, der der Seele alles abverlangt. Es handelt sich um die totale, radikale Hinlenkung auf das Sichtbare, Reale, um die gegen den Materialismus zum Einsatz gebrachte Materiewirkung selbst.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S. 120)
Die Materie, so wie Beuys sie einsetzt, verweist auf die grundlegende Problematik, die im Materialismus entstanden ist, auf die Entgeistigung der Stofflichkeit. Er arbeitet mit der Stofflichkeit in dem vollen Bewusstsein, dass er es, wie er sagt, ‚mit Kräften’ zu tun hat. Über die ganz reale Erscheinung des Stoffes bringt Beuys die Materie in ihren Kräftezusammenhang und macht diesen für den Betrachter erlebbar.
Gold und Honig sind z.B. Stoffe die Beuys mit Wärme in Verbindung setzt. Das Gold als das strahlende Material der Sonne zugeordnet, dem Licht und dem Feuer, kostbares Priesters-und Königsmaterial seit ältester Zeit. In der Aktion auf dem Kopf aufgetragen strahlt es in die Höhe, verbindet das Denken nach oben, weist in die geistige Sphäre, auf den ‚Wärmecharakter’ des Denkens, so wie Beuys es bezeichnet wenn es in Verbindung mit den kosmischen Kräften steht. Ebenso steht der Honig im Wärmezusammenhang als ein organisches Produkt der Biene, die in all ihren Lebens-äußerungen, ihren Flügen und Orientierungstänzen ein sonnenorientiertes Wesen ist.
1. 1. a. Die Materie in ihrer Substanz
„Also ich habe mich ja mit Substanzen auseinandergesetzt, und meine Intention ist diese Auseinandersetzung mit Substanz, grundsätzlich, und die Substanz ist natürlich allein schon ein seelischer Prozess.“ (Beuys in: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 69)
Beuys erwähnt die spirituelle Substanz des Honig wie sie z.B. in der Tradition des Apiskultes vorkommt: „da wurde der Vorgang angeschaut als ein wichtiger Vorgang, der Kosmisches und Irdisches verbindet und das alles einfließen lässt.“
(ebenda, S. 70)
Das tote Tier, die Materie des Hasenfells, das das lebendige Tier umhüllte erinnert an das Lebewesen, das sie war, und hier auf einer anderen Ebene wieder ist. Das Material erscheint sowohl als Hülle des Lebendigen als auch als das substantiell Lebendige. Der tote Hase in seinem Fell ist einerseits reine Materie, denn er ist ja tot, und andererseits ist er trotz seines Todes ganz lebendig, denn ein Mensch kommuniziert mit ihm auf innigste Weise. Es geschieht eine Verlebendigung über die
Kommuni-kation von Mensch und Materie, die schließlich wieder Tier wird, das in seiner Nähe zum Mensch auftaucht aus seiner Todesebene, der Hase erscheint.
Die Materie in ihrer Substanz, die Lebendigkeit der Materie ist auf diese Weise von stärkster Präsenz. Sie zieht den Mensch hinein in ihr, wie J.B. es bezeichnet
‚Kraftfeld‘, in ihre substantielle Wirkung. Die Materie ist aktiv.
In einem Gespräch mit Caroline Tisdall 1978 (Beuys in: Bewohnte Mythen, Nicole Fritz, Verlag für moderne Mythen, Nürnberg, 2007) sagt Beuys seine Arbeit sei auch zu verstehen als „eine Technik, in kritischer Zeit eine Diskussion über das Wesen des Menschen einzuleiten, in der materialistisches und rationalistisches Gedankengut immer noch verbreitet ist, verbunden mit dem Verlust von Imagination, Inspiration und dem Verstehen anderer Dinge. Es ist eine Frage nach „welcher Realität“? Ist es das begrenzte materialistische Verstehen der Materie, oder ist es deren Substanz? Substanz ist für mich ein umfassenderer Sachverhalt und beinhaltet evolutionäre Kraft, die letztlich zu der wirklichen Bedeutung von Materie führt mit der Wurzel in „Mater“ (Mutter-so wie in „Mutter Erde“) als ein Pol des Geistigen, während der andere den ganzen Prozess der Entwicklung umschließt.“ (Beuys in: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 120)
Beuys definiert die Materie über die zwei Pole von Geist und Stoff.
Es ist die Bipolarität, die ihre Substanz ausmacht und daraus wirkt.
Beuys arbeitet nicht mit der künstlerischen Gestaltung der Materie im Sinn von Plastizieren. Er verwendet die Materie im antimaterialistischen Sinn, in ihrer Substantialität. Aus dem Gesagten wird deutlich, dass Materie in ihrer Substanz als eine geistige Kraft zu sehen ist, dass also ihre Wirkung auf dieser Ebene liegt und von dort aus auf den Betrachter in seiner seelisch-geistigen Ebene trifft.
Beuys hat die Materie in eine bestimmte Konstellation gebracht, hat ein spezifisches Zusammenwirken von Raum-Masse-Zeit, von Stofflichkeit in ihrem Umfeld und der dazugehörigen Handlung geschaffen. Er hat Zusammenhänge hergestellt, wie z.B. Honig und Gold auf dem menschlichen Haupt, totes Tier und Mensch im Gespräch, die keine der üblichen Interpretationsmuster erlauben.
1. 1. b. Die Materie in ihrem Kraftfeld
„Man fühlt sich von den Dingen angezogen, aber zugleich, indem man der Anziehung auf den Grund kommen will und immer mehr angezogen wird, von ihnen zurückgestoßen – als schirmten sie sich ab. Ich möchte die Doppelwirkung, die von ihnen ausgeht und sich immer mehr steigert, als Gleichzeitigkeit von Anziehung
und Abstoßung bezeichnen – mit Doppelwirkung und ihrer Steigerung meine ich
die Zunahme zweier Wirkungen, die sich gegenseitig bedingen. Es handelt sich
um real erlebbare Kräfte, weswegen in ihrem Einflussbereich zu Recht von einem Kraftfeld die Rede ist, es ist das Kraftfeld Plastik als unmittelbares, elementares Erfahrungsfeld.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S. 49)
1. 1. b. Die Materie in ihrem Kraftfeld
„Man fühlt sich von den Dingen angezogen, aber zugleich, indem man der Anziehung auf den Grund kommen will und immer mehr angezogen wird, von ihnen zurückgestoßen – als schirmten sie sich ab. Ich möchte die Doppelwirkung, die von ihnen ausgeht und sich immer mehr steigert, als Gleichzeitigkeit von Anziehung
und Abstoßung bezeichnen – mit Doppelwirkung und ihrer Steigerung meine ich
die Zunahme zweier Wirkungen, die sich gegenseitig bedingen. Es handelt sich
um real erlebbare Kräfte, weswegen in ihrem Einflussbereich zu Recht von einem Kraftfeld die Rede ist, es ist das Kraftfeld Plastik als unmittelbares, elementares Erfahrungsfeld.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S. 49)
Beuys definiert den Wirkungsbogen oder Spannungsbogen zwischen den Polen Stoff und Geist als das ‚Kraftfeld’ der Materie.
Über ihr Kraftfeld erreicht die Materie den Mensch , denn der Mensch selbst steht ebenfalls grundsätzlich zwischen den beiden Polen.
Damit dieser Bogen spürbar wird als Kraft stellt Beuys die erwähnten
Zusammen-hänge her, so daß die vertraute Außenwelt als Erlebnisgrundlage fehlt. Die gewöhnliche Betrachtungsweise läuft in die Leere, kann sich nirgends festmachen. Wahrnehmung ereignet sich zwischen dem gänzlichen Eintauchen, Erfasstwerden von der Macht der Materie und einer tiefen Verständnislosigkeit, die aus dem Mangel an Zuordnungsmöglichkeit entsteht.
Dies ist der Zustand um den es Beuys geht und, wie J. Stüttgen es formulierte, ist es ein Zustand der ‚der Seele alles abverlangt’, eine ‚Zumutung’ von Joseph Beuys. Es ist derjenige Aspekt seines Werkes, der den Betrachter in eine Lage versetzt die ihn aus allem Gewohnten herausholt, er zeigt die Materie in ihrem Extrem.
Seine Arbeit mit dem Stoff, als Installation oder Aktion, ist das Erschaffen von realen Bedingungen um die Erfahrung des ‚Kraftfeldes‘ der Materie machen zu können. „Der Stoff zeigt sich nun als das Medium der Information schlechthin, durch das jeglicher Menschengeist hindurch muss, bevor er sich mit dem anderen Menschengeist verbinden kann.“ (Johannes Stüttgen, Vortrag Kulturzentrum Achberg, Mai 1994)
Die Kunst in ihrer Stofflichkeit, die Materie in ihrer Totalität wird von Joseph Beuys gezeigt um den Mensch in ihrem ‚Kraftfeld’ zu involvieren, zu erreichen, wie Beuys sagt um Platz zu machen, um Manipulation zu beseitigen, die behindert, die Seelenaktivität verhindert, verhindern soll.
Joseph Beuys spricht in diesem Zusammenhang von seiner Methode der Verstärkung, die den Zweck der Aktivierung von Seelenkräften hat, von Willenskräften. „Diese Verstärkung wird als reale Krafterfahrung erlebt und zugleich als Erfahrung
der Seelenaktivität.“ (Zeitstau, J. Stüttgen, FIU-Verlag, Vortrag Oktober
1986,München,Lenbachhaus)
Es ist eine Erfahrung, die tradierte Muster und die daraus resultierende Ideologie verschwinden lässt, in der eine Scheinwahrheit zu Ende kommt.
Beuys sieht in dieser Erfahrung die Voraussetzung dafür, daß der Mensch überhaupt dahin kommen kann in den Prozess der Gesellschaftsgestaltung einzusteigen. Johannes Stüttgen definiert die Scheinwahrheit folgendermaßen: „Leben fließt nicht mehr aus den Inhalten direkt, sondern wird durch äußerliche Reizung traditioneller Vorstellungsmuster als Schein beschworen.“ (Zeitstau, J. Stüttgen, FIU-Verlag, Vortrag Oktober 1986 München, Lenbachhaus, S.124)
Die Materie in der von J.Beuys geordneten Situation erreicht ihr maximales Potential, er zeigt sie so wie sie ganz und gar unprätentiös, blank jeglichen ideologischen Zusammenhanges wirkt.
Es geht um die Direktheit der Dinge und nicht um Interpretation.
1. 1. c. Die Materie in ihrer Bipolarität: Zweck-und Selbstzweckcharakter der Materie
“In der Relation zwischen Selbstzweckcharakter und über die Einzelmaßnahme hinausweisenden Zweck liegt jene Rätselhaftigkeit der Beuys Werke, die darin besteht, dass in ihm jedes Ding sich mehr als anderswo selbst behauptet und uneingeschränkte Behauptung erzwingt, als sei es ein ‚Ding an sich’, dadurch aber gerade mehr als ein Ding zu sein scheint.“
(Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU –Verlag, 1998, S. 83, Vortrag Fachhochschule Augsburg, 1986)
Wie gelangt der Betrachter von der Stofflichkeit, dem Objekt zur sozialen Plastik? Die Antwort ist sicherlich kein Ergebnis kausaler Zusammenhänge.
Einerseits ist die Materie sich selbst genug in ihrem So-Sein. In diesem Sinn spricht Beuys von ihrem Selbstzweckcharakter, der den einen Pol der Materie definiert. Beuys betont, dass die Materie so wie sie wirkt und erscheint keiner konzeptionellen Interpretation bedarf, wie erwähnt geht es um Direktheit.
Die Gold- und Honig Maske, das tote Tier sind überwältigend in ihrer Erscheinung, in ihrem Zusammenwirken. Die Materie drängt sich regelrecht dem Betrachter auf, man denke dabei z.B. auch an die Hirschdenkmäler, an die riesigen Filzbahnen von
Fond ///, sie konfrontiert den Betrachter radikal, mit aller Wucht. Sie erscheint in voller Selbstbehauptung, sie ermächtigt sich der Beachtung.
An dem anderen Pol, dem Gegenpol erzeugt sie durch ihr Wirken das Kraftfeld in dem auch der Betrachter steht. Sie ist aktiv, die Dinge verhalten sich zueinander in ihren eigenen Dimensionen und in ihren Dimensionen zum Betrachter. Dieser zweite Pol ist der Zweckpol als Gegenpol zum Selbstzweck der Materie, des Ding an sich.
Die beiden Pole, Selbstzweck = Ding an sich=Materie und der Zweckpol
=Idee=Wirkung stehen sich gegenüber oder wie Beuys auch sagt als “zwei Stränge“ nebeneinander, als das Nebeneinander von Darstellung und Erreichen.
Der Betrachter der sich in diesem Kraftfeld befindet, das auch ein Spannungsfeld ist zwischen der massiven Materiepräsenz und den Fragen die sich im Betrachter dazu stellen, in dieser Fragesituation wird die Beziehung zwischen Objekt und Betrachter immer enger, die Fragen immer drängender. „Durch die Konfrontation mit dem Ding entsteht die Konfrontation der Seele mit sich selbst“ (Zeit S. 19 Stüttgen. Vortrag September 1985, Sauermondt- Ludwig- Museum Aachen)
Die Substanz des Materials, die Materie, verweigert jedoch die Antwort auf die Frage, die aus dem Rationalen gestellt wird, der Mensch wird auf sich selbst zurückgeworfen. „Die Frage nach den Kräften, die an den Dingen von Beuys wirken und die man erlebt, wird selbst zur Kraft, die sich steigert je mehr man sich den Dingen aussetzt. Deutlich wird (und wiederum elementar erlebbar), dass diese Frage selbst Bestandteil des Kraftfeldes Plastik wird!“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S. 49)
Die Materie hat diesen Zustand pro-voziert, eine seelische Notlage in der sich der Fragende jetzt befindet. An diesem Punkt wird aus der Seele etwas hervorgelockt, eine Aktivität, eine Willensaktivität.
Das ist der neue Zustand der Materie der den Mensch ebenfalls in einen neuen Zustand bringt sobald er sich mit ihr in ihrem Kraftfeld konfrontiert.
Die Materie wirkt jetzt frei von den ideologischen Strukturen des Materialismus. Der Mensch gelangt vom Ding-Erlebnis zum Ich-Erlebnis, in seiner Willensaktivität. Mit diesem Arbeitsansatz, der in die ‚schockartige Entleerung’ von gewohnter Begrifflichkeit führt, bewirkt Joseph Beuys einen veränderten soz. gereinigten Seelenzustand, der die Basis ist für das Wirken, das schöpferische Tun am Ganzen, der Ausgangspunkt der Kunst ist: „Diese Bereinigung ist aber die Bedingung für eine Verbindung von Innen und Außen auf höherer Ebene. Jetzt erst spricht das Ding an sich und liefert seinen Begriff dem erlösten Empfangsorgan.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S. 19, Vortrag September 1985, Sauermondt- Ludwig- Museum Aachen)
Beuys betont er arbeite mit der Methode der Verstärkung: die Materie in der von ihm geordneten Objekt-Installationssituation, frei von gewohnten Zusammenhängen erscheint gewaltig in ihrer Präsenz, Masse, Dimension und endlich in ihrer Substanz. „Diese Verstärkung wird als reale Krafterfahrung erlebt und zugleich als Erfahrung der Seelenaktivität“ (J. Stüttgen, Vortrag Oktober 1986, München Lenbachhaus) Die Methode der Verstärkung hat den Zweck der Aktivierung von Kräften, sie setzt das ‚Kraftwerk’ in Gang, sie wirkt befreiend im oben genannten Sinn.
Beuys führt den Zweckcharakter der Kunst erneut ein, jedoch in einem gänzlich neuen Kontext, in dem Sinn, daß seine Kunst Methode und Werkzeug ist, die im Dienst steht für das zu gestaltende Gesellschaftsganze.
In der Wirkung der Materie, ist ihr geistiger Pol, ihr Ideenpol zu erkennen.
Die Wirkung der Materie ist, so Beuys, ihre substantielle, evolutionäre Kraft.
Mit seinem Denkansatz hat Joseph Beuys die tiefverankerte, abendländische
Stoff-Geist Spaltung aufgehoben, hat die Materie sowohl stofflich als geistig definiert und sie aus ihrem materialistisch reduzierten Zustand befreit, indem er sie in ihrer Bipolarität definiert und zeigt. In diesem Sinn hat er sie, wie anfangs zitiert, gegen den Materialismus eingesetzt und ein neues Paradigma geschaffen.
Beuys verwendet im Zusammenhang mit dem Begriff der Bipolarität auch den Begriff ‚Parallelprozeß’. Er spricht von zwei ‚Strängen’, die sich gleichzeitig nebeneinander entwickeln und bewegen, die beide unabdingbare Aspekte, in ihrer Gegensätzlichkeit, ihrer unterschiedlichen Intentionalität, eines gemeinsamen Zusammenhanges sind. Der Parallelprozess ist die angemessene Auseinandersetzung mit der Sache.
Für die Aufhebung der Stoff-Geistspaltung ist das Denken in Parallelprozessen notwendige Voraussetzung. Das gilt für den großen Bogen, den Gesamtzusammen-hang des Beuysschen Werkes, als auch für die einzelnen Werkaspekte, Objekte, Installationen.
Einerseits ist die Kunst bei Beuys ein Werkzeug, eine Methode, hat Zweckcharakter, ist Kraftfeld für die soziale Plastik.
Andererseits ist das Objekt in seiner Stofflichkeit vollkommen autonom, zweckfrei. Die Materie wirkt ganz aus sich selbst heraus in ihrer Substanz.
So ist die Aktion ‚wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’ sowohl als für sich stehendes Ereignis zu sehen, eben als schamanische Handlung, als auch zu betrachten im Sinne der Zweckstruktur die ihm ebenfalls zugrunde liegt, „das Nebeneinander von Selbstzweck und Zweck“ (Georg Jappe: Fonds III von J. Beuys. FAZ 11-2-1969) Kunst ist eine magische Handlung.
1. 2. Provokation
„Ich habe nie die Absicht gehabt jemanden zu schockieren. Es sieht vielleicht nicht so aus aber mich interessiert Harmonie sehr stark. Mich interessiert Transformation, Wandel, Umwälzung- die Verwandlung vom Chaos durch Bewegung in eine neue Ordnung.“
(Johannes Stüttgen, Vortrag 1985,Aachen, Suermondt –Ludwig Museum)
Die Provokation gehört zu den Hauptaspekten der Beuysschen Methode. Ratlosigkeit, Befremdlichkeit und Abneigung, die sich einstellen in der Konfrontation mit seinen Arbeiten sind die wertvollen Empfindungen, Erlebnisse die unbedingt notwendig sind um, wie Joseph Beuys sagt, die festgefahrenen Denk-und Empfindungsmuster bewusstseinsmäßig zu durchleuchten, zu hinterfragen bezüglich ihrer Gültigkeit, ihrer Begrifflichkeit wie z.B. Kunst, Gesellschaft, Politik etc. Provokation ist gemeint als Mittel des Wachwerdens, als Mittel das durch die schöpferische Tat, durch die Kunst erst entsteht. Das Ding, der Prozess, der als provokant empfunden wird ist ebenso Werk an sich, wie bewusst gesuchte Provokation, ist der bei Beuys so bedeutende Parallelprozeß der beiden ‚Stränge’.
Die Wahrnehmung ereignet sich zwischen dem Erfaßtwerden von der Macht der Materie in ihrem Selbstzweck, ihrem So-sein, und ihrem Wirken in den Fragen.
„Daß die Seele im Hinblick auf ihre angestaute Frage weder im Ding noch in ihrer vertrauten Vorstellung und Erfahrungswelt auf eine Antwort stößt- jede spekulative Antwort würde durch die Massivität, Gewichtigkeit und unerschütterliche Präsenz des Dings von diesem aufs neue in Frage gestellt und verworfen (gewogen und für zu leicht befunden) werden – wirkt auf sie als Provokation“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S.85, Vortrag Juni 1986, Fachhochschule Augsburg)
Das Material spielt auch für die Provokation eine wichtige Rolle, es wird zur Meßlatte für Sinnhaftigkeit b.z.w. Sinnlosigkeit der Aktion: „Ich habe natürlich provozieren wollen, aber nicht in dem Sinne, dass ich sagte, ich muss irgend etwas Unsinniges machen, sondern ich habe gesagt, ich muss provozieren können mit einem Material, das ich nachher belegen kann als eines, das innerhalb dieser Reihe von Sinnzusammenhängen sich auch nachweist als ein sinnvoll eingesetztes Material.“
(Joseph Beuys in: Wolfgang Zumdick, Der Tod hält mich wach, Pforte Verlag, Dornach, 2006, S. 140)
Beuys betont, er nehme die Provokation ganz wörtlich, pro-vocare bedeutet hervorrufen, und keineswegs schockieren. Um etwas hervorzurufen muss der Ruf in die Tiefe gehen, so daß von dort überhaupt etwas hervorgerufen werden kann.
Was ruft der Mann mit dem Goldkopf und dem toten Tier im Arm hervor?
Beuys ist in den 60-ziger Jahren mit der Fluxus Bewegung verbunden. Das Fluxus Prinzip Bewegung war für die Arbeit von Beuys ein ausschlaggebendes Prinzip, das er später als wesentlichen Aspekt des plastischen Prinzips formuliert.
Er trifft in der Fluxus- Gruppe die grundlegende Bereitschaft der radikalen Veränderung, die Notwendigkeit die Mittel stets neu zu erforschen und neu zu verwenden, kombinieren. Diese Bereitschaft, die als Notwenigkeit begriffen ist, führt in die aktionelle Kunst, die für Beuys zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Aktionen sind zu verstehen als „Energie Schub“, als höchste kreative Intensität,
die gegen die unkreativen, verkrusteten, inhumanen Gesellschaftsstrukturen und Denkweisen gerichtet sind „so dass unbewusst Vorhandenes als Erfahrung wieder zu Tage treten kann und Indifferenz sich zum Interesse wandelt“ (Joseph Beuys in: J. Beuys, Götz Adrian, Winfried Konnertz, Karin Thomas, Dumont 1981).
Die Provokation als Selbstzweck oder „Bürgerschreck“ ist für Beuys gänzlich irrelevant: „Da ich tiefere Dimensionen und weitere Zusammenhänge ansprechen wollte verstand ich nie, warum sich ein Großteil der Fluxsusleute die sich auch Neodadaisten nannten, auf Dada beriefen und diesen Begriff sehr äußerlich als schockierendes Element benutzten.“ (J. Beuys in: J. Beuys, Götz Adrian, Winfried Konnertz, Dumont 1984)
Die ‚Sibirische Symphonie 1 Satz’ findet während des ersten Fluxsuskonzertes in Düsseldorf statt. Hier tritt auch zum ersten Mal der Hase in einer Aktion auf als eine Ausdrucksform, die die Zusammenhänge von Geburt und Tod, Materieumwandlung, Reinkarnation, die plastische Materialisation durch Geburt zeigt, hier definiert Beuys zum ersten Mal Plastik als das umfassende Prinzip schlechthin, das sich zwischen den Polen von Wärme und Kälte bewegt, Chaos und Form, Anfang und scheinbarem Ende, formuliert in einer Aktion die weit entfernt ist von bloßem Schockieren.
„Wenn ich mit dem Hasen, der innerhalb dieses Konzerts zum ersten Mal real in Erscheinung tritt, eine inhaltliche Beziehung zum Ausdruck bringen will, zu Geburt und Tod, zur Verwandlung der Materie, so hat das nichts gemein mit neodada-istischem Bürgerschrecksgetue.“(Beuys in: J. Beuys, Adriani, Konnertz, Thomas, Dumont, 1981)
Die Hinwendung zu völlig unkonventionellen Mitteln, zur Aktion, die Entfernung der Kunst aus dem Kunstprofessionalismus, aus dem Kommerz, weg vom Künstler-Ego, von der Institutionalisierung, die explizite Antiprofessionalität, die sozialen Aspekte der Bewegung sind für Beuys Ausschlag gebend.
Beuys distanziert sich jedoch wieder von Fluxus da ihm der „Ideenpol“, der Theorie-und- Erkenntnisaspekt zu wenig ausgeprägt sind: „Alle Fluxsusleute waren sensible Geister, sie griffen viel auf, erlebten viel, insbesondere viel Stimmungsmä-ßiges. Sie waren immer auf möglichst dramatische Materialwirksamkeit angewiesen, ohne dabei Konzeptionelles präzise fixieren zu wollen. Es fehlte ihnen eine richtige Theorie, ein erkenntnismäßiger Unterbau gleichsam mit einem klar abgesteckten Ziel. Sie hielten den Leuten einen Spiegel vor, ohne daß das genutzt hätte oder
zur Verbesserung des Zustandes geführt hätte. Trotzdem kann ich sagen, daß die Fluxsusaktionen einen Wert hatten, weil sie auf dem Wege Zusammenhänge bewusst zu machen eine wichtige Entwicklung darstellen.“ (Beuys in: Joseph Beuys, Adriani, Konnertz, Thomas, Köln, 1961)
Die Intention welche hinter der Provokation steht ist gleichzeitig die Sache selbst, die Aktion selbst, die weiterwirkt, ist Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, ist soziale Plastik, als die von Beuys intentionale Zukunftsutopie, die Idee als die sich formende reale Zukunftssituation der Menschen, die Idee die als Intuition und Gedanke das Ding, die Installation etc. hervorbringt , die Provokation.
Pro-voziert, hervorgelockt soll die Aktivität im Betrachter werden, der dabei in die Begriffslosigkeit sinkt, in den Schock des totalen Unverständnisses gerät. Beuys kritisiert vehement die bis tief ins Seelische hineinreichende Konsumhaltung der industrialisierten sowohl kommunistischen als auch kapitalistischen Gesellschaft, die die seelische Eigenaktivität blockiert. Die Provokation ist eine ‚Zumutung’, wie es Stüttgen bezeichnet, die ein wichtiger Aspekt in der Arbeit von Joseph Beuys ist. Sie besagt, daß Beuys den Menschen die Fähigkeit zuspricht in die Eigenaktivität und Verantwortung zu gehen, die notwendige ‚Revolution der Begriffe’ zu schaffen. „Das Selbsterzeugen der Begriffe am Gegenstand aber ist Liebe, die den bloßen Glauben überwindet […]. Aus der unmittelbaren Präsenz des Dings, das sich allem Alten verweigert, kann eine Begriffsbildung geschaffen werden jenseits eines tradierten und ideologischen Kunstbegriffs.“(Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, Vortrag Sept.1985 Suermondt- Ludwig Museum Aachen).
1. 3. Das schamanische Prinzip
„Ich habe ja die Figur des Schamanen wirklich angenommen […] nun allerdings nicht um zurückzuweisen, in dem Sinn, daß wir wieder zurück müssen, wo der Schamane seine Berechtigung hatte, weil das ein ganzer spiritueller Zusammenhang war. Sondern ich benutze diese alte Figur um etwas Zukünftiges auszudrücken, indem ich sage, daß der Schamane für etwas gestanden hat, was in der Lage war sowohl materielle wie spirituelle Zusammenhänge in eine Einheit zu bekommen.“
(Beuys in: Die Einheit der Werkes, Theodora Visher, Köln 1991)
In der Sechziger und Siebziger Jahren erhält das Interesse an indigener Kulturge-schichte, an mythologischer Denkform, einen verstärkten Impuls. In der Ära der beiden Weltkriege zeichnete sich ein starkes Interesse an indigener künstlerischer Ausdrucksweise in den bildenden Künsten ab, wie z.B. im Fall von Gaughin, Picasso, Brancusi. Picasso und die Fauves entdecken in der „art négre“ eine ursprüngliche Geistigkeit, die in der europäischen traditionellen, akademischen Kunst und Kultur-verwaltung nicht mehr zu treffen ist. Sie setzen sich in bewussten Gegensatz zu dem konventionellen Kulturverständnis und wollen mit dieser Auseinandersetzung im bildnerischen Sinn eine „Revitalisierung“ ermöglichen.
In diesen Jahren werden die Themen von Mythos und Ritual und die Bedeutung des Schamanischen intensiv erforscht. Das bahnbrechende Werk des Anthropologen C. Levi-Strauss „Das wilde Denken“1962, veränderte die Sicht auf indigene Völker und deren Denk-Kult-Formen dahingehend, daß sich eine Kulturkritik daran entzündet. Das rationalistisch-kapitalistische Denk-und Gesellschaftssystem der Industriena-tionen wird in seinen Defiziten kritisch beleuchtet in der Gegenüberstellung zum holistischen Prinzip der nicht-industriellen Welt.
Die ethnologisch-religionswissenschaftliche Arbeit von Mircea Eliade
insbesondere gibt starke Impulse an die New Age Bewegung, der die Bewegung
des Neoschamanismus nahe stand mit Carlos Castanedas Schriften über den Schamanismus Südamerikas z.B. seine Masterthesis „The teachings of Don Juan-
A yacqui way of knowledge“.
Es ist davon auszugehen, daß Joseph Beuys mit den Impulsen dieser Epoche vertraut war. Es ist jedoch nicht unbedingt nachvollziehbar aus welchen exakten Quellen sich Beuys´ Inspiration in diesem Kontext speist. Aus dem obigen Zitat stellt sich nicht die Frage ob Beuys Schamanisches in seine Arbeit integrierte, denn dafür spricht eben diese Aussage ebenso wie andere Äußerungen von Beuys, sondern es stellt sich die Frage nach diesem ‚Zukünftigen’, das Beuys ausdrücken will und wie sein Schamanentum in-oder für das ‚Zukünftige’ wirkt. Hier ist nach dem Stellenwert dieses Aspektes im Werk von Beuys zu fragen, wo im Gesamtkontext er anzusiedeln ist, und welche Rolle er in diesem Kontext spielt.
Beuys spricht häufig von den verlorengegangene Kräften, von denjenigen Kräften die dem rationalen Denken nicht zugänglich sind und die aufgrund der Prävalenz dieser Denkform in der europäisierten Welt verlorengegangen sind, und, so ist hinzufügen, bekämpft wurden bzw. werden. Dem Denken und der Arbeit von Beuys liegt die volle Anerkennung dieser verlorengegangen Kräfte zugrunde, ja er betonte: „Ich bin mir bewusst, daß ich mit Kräften arbeite.“ Beuys erklärt unmissverständlich, daß das Einbeziehen eines schamanischen Aspektes oder einer schamanischen Vorgehensweise in seiner Arbeit keinen Ausschluss rationaler wissenschaftlicher Errungenschaft bedeutet: „Ich war nie die Meinung unser zivilisatorischer Stand
sei negativ zu beurteilen. Ich wende mich zwar zurück, gehe zurück, suche ebenso das Existierende zu erweitern indem ich nach vorne durchbreche. Auf dieser Weise werden alte mytische Inhalte aktuell. „(Beuys in: Beuys von Beuys, 1987, S. 245 Gespräch mit Hans van der Grinten)
Der schamanische Mensch ist eine uralte Form der menschlichen Existenz. Die frühesten menschlichen Gemeinschaften waren in ihrer gesamten sozio-kulturellen Form von Schamanen-Priesterinnen und Priestern gelenkt und gestaltet. Von der Altsteinzeit bis zur Bronzezeit und ganz besonders aus der Jungsteinzeit ist die Vermittlerin Rolle der Schamanin gut belegt.
Sie vermittelt zwischen den verschieden Sphären des Kosmos, so daß die Lebensprozesse der Gemeinschaft immer in dieser Verbindung standen.
Bis heute ist dies in verschiedenen außereuropäischen Gemeinschaften noch der Fall. Die heutige Wissenschat, Ethnologie, Kultur-Religionswissenschaft beschäftigt sich mit diesem Phänomen. Der Mu-Kult aus Korea und der Wu-Kult in China z.B. sind anschauliche Beispiele dafür.
Die koreanische Schamanin Mu-Dang, Erdpriesterin und inspirierte Schamanin, ist Trägerin eines uralten Glaubens, der sich im Industriestaat Korea bis heute erhalten konnte und deshalb sehr gut erforscht ist.
Beuys ist derjenige Künstler der auf sehr eindrucksvolle, intensive Weise den schamanischen Aspekt als eine Notwendigkeit in seine Arbeit einbezieht.
Seine intensive Auseinandersetzung mit R. Steiner und die damit im Zusammenhang stehende Anerkennung übersinnlicher Kräfte und Wesen, ihrer Wirklichkeit, ihre reale Existenz sind Basis seines Wirklichkeitsbegriffs, seines Weltbildes, und, das ist zu betonen, seiner kosmischen Haltung.
Was unterscheidet im Wesentlichen Joseph Beuys vom Schamanen?
Der Schamane ist diejenige Figur einer traditionellen Gemeinschaft, die die Vermittlerrolle innehat zwischen den rationalen und irrationalen Ebenen, die die Kommunikation zwischen der Welt der Ahnen mit der Welt der Lebenden übernimmt, die die kosmischen Zusammenhänge intensiviert, die in diesem Zusammenhang Heilung bewirkt.
Für Joseph Beuys ist der Ausgangspunkt die Kunst. Er bezieht in diesen Prozess schamanische Aspekte ein, was auf der holistischen Basis seines Weltverständnisses nahe liegend ist.
Die „Regionen des Nicht-Alltäglichen“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 89) sind kennzeichnend im schamanischen Kontext. Grundlegend ist die künstlerisch-emotionale Geste der Unmittelbarkeit, die im Gegensatz zur logisch-rational-gesetzmäßigen steht. „…der Einsatz sämtlicher Sinnesqualitäten, die Deutung des Zufälligen als in sich bedeutungsvoll Zusammen-hängendes und das Wechselspiel der tradierten Handlungsmuster und individueller Freiheit diese spontan zu verändern“, sind als entscheidende Merkmale schamani-stischer Praxis zu erachten. (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 179)
Die Kunst entzieht sich ganz im oben genannter Sinn dem logisch-rational Gesetzmäßigen. In der Realität des Intuitiven, seiner berechtigten Anerkennung,
der Anerkennung und dem Erleben der übersinnlichen Bezüge treffen sich Kunst und Schamanismus. Über die Kunst gelangt Joseph Beuys zu Aspekten die im Schamanischen liegen, und erweitert auch in dieser Hinsicht die Kunst. Die Betonung liegt auf der Kunst, die in ihrer erweiterte Form auf den kontinuierlichen Prozess der sozialen Skulptur zielt.
Wenn Beuys die Figur des Schamanen wirklich annimmt so betont er damit, daß sein Tun, siehe die beide Aktionen ‚I like America and America likes me’ und ‚wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’, nicht im Stellvertretenden, Symbolischen angesiedelt sind sondern im realen Erleben, so wie ein Schamanenflug in die Gefilde zwischen Himmel und Erde, Lebenden und Toten ein realer Akt ist, begründet in der ‚logique du coeur‘ (C.L.Strauss) und nicht in der Logik der Rationalen.
„Das Eigentümliche und Skandalöse an der Problematik des Schamanenfluges ist gerade, daß er sich der Alternative, daß es sich entweder um einen quasi-physischen Vorgang, – von dem wohl im eigentlichen Sinne keine Rede sein kann – oder um halluzinogene Vorstellung handelt, so hartnäckig entzieht.
Den Flug eines jukagirischen Schamanen, als ein Beispiel unter unzähligen, auf eine reine Bild- oder Symbolfunktion zu reduzieren, so wichtig auf der jeweiligen Perspektive diese Aspekte auch sein mögen, hieße aber ebenso, genau den wesenhaften Kern des Ganzen zu umgehen: daß hier tatsächlich etwas geschieht, was jegliche Ordnung und Sicherheit des Selbstverständlichen untergräbt.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 180)
An der Reaktion der Betrachter und Rezensoren der Beuys Aktionen und Installationen ist abzulesen in welchen Maße gewohnte Erklärungs-und Interpretati-onsversuche scheitern, scheitern müssen denn gerade darum geht es Beuys, daß der gewohnte sichere Boden verlassen wird.
Die Arbeit mit den aus dem Schamanischen entliehenen Aspekten evoziert und fördert das Nichtverstehen. Eine Notlage wird zum Motor.
Die Wiedereingliederung der im westlichen Materialismus abgetrennten Lebensbereiche war ein wichtiges Thema in der Arbeit von Joseph Beuys. Die schamanischen Aspekte führen zu Erfahrungen, welche im sprachlich-logischen Diskurs nicht erfasst werden können, welche darüber hinausreichen in das ‚mehr’ eines Erlebens aus dem direkten Bezug zu Materie, Stofflichkeit, Handlung.
Der traditionelle Schamane muss die Mitglieder seiner Gemeinschaft nicht in eine derartige Notlage führen, da sie sich in einem geistigen Zusammenhang befindet, der inklusiv und nicht als exklusiv zu verstehen ist, als ganzheitlich. Das rationale Realitätsmodell hat Ausschließlichkeitscharakter, die Zusammenhänge im Magischen werden „einfach für nicht vorhanden erklärt.“ (P.K.Feyrabend, science in a free society London 1978 S. 84 )
Ganz offensichtlich sind die drängendsten Fragen einer sich bereits selbstzerstörenden Gesellschaft mit diesem Realitätsmodell nicht zu lösen. Beuys Einsatz schamanischer Aspekte sind in diesem Zusammenhang zu sehen, sie haben provokativen Charakter, sie müssen im Sinne seiner Zweckstruktur betrachtet werden. Über Bewusstseins-zustände des erweiterten Raumes sind zuerst einmal Denkansätze und im folgenden Gestaltungsmöglichkeiten gegeben, die sich im abgespaltenen linearen Ratio-Raum nicht zeigen.
„Wenn ich was Schamanisches mache, nehme ich das schamanische Element – zweifellos eine Element der Vergangenheit – um über eine zukünftige Möglichkeit eine Aussage zu machen… Ich will ja diese Lebendigkeit, auch als Willenskraft, die ihre Begründung in der Notwendigkeit findet, daß das, was nicht in unserer Zeitkultur im Vordergrund steht, als Auseinandersetzung verlorengegangener Kräfte, die eben im Schamanismus vorhanden sind, heute auf eine andere Art und Weise wieder in unseren Bewusstseinszusammenhang hineingebracht werden.“ (Beuys in: Joseph Beuys,_Zeichnungen, VDG Verlag, 1980 S.30)
Der schamanische Aspekt ist essentieller Teil der ganzen Spannbreite im Werk von Joseph Beuys, eines Bogens der sich zwischen den Polen Idee-Stoff spannt. Mit der schamanischen Arbeit veranschaulicht Joseph Beuys die Polarität, führt sie vor Augen und macht sie erfahrbar.Es wird explizit aufgehoben, sozusagen, vor unseren Augen aufgehoben das Dogma Geist versus Materie.
Zwar sind es nur die zwei seiner Aktionen, ‚wie man dem toten Hasen die
Bilder erklärt’ und ‚I like America and America likes me’, die ganz explizit den schamanischen Aspekt aufweisen und zu welchen sich Beuys selbst entsprechend als Schamane definierte.
Coyote aus: Joseph Beuys, Coyote
Coyote aus: Joseph Beuys, Coyote
Coyote aus: Joseph Beuys, Coyote
Sie sind jedoch im Gesamtwerk als Aspekte zu begreifen, die keinesfalls herausfallen sondern die auf ebendiese ganz explizite Weise diejenigen Zusammenhänge hervorheben, welche Beuys als die ‚verlorengegangenen Kräfte’ bezeichnet, die in erfahrbaren aber nicht messbaren Bereichen anzusiedeln sind, im Irrationalen, die genaugenommen erst in der Gegenüberstellung den rationalen Bereich definieren.
„Eine Annäherung an das Wesen des Schamanischen ist immer eine Annäherung an die Grenzen des wissenschaftlichen Diskurs.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 22)
Beuys führt uns mit seinen schamanistischen Aktionen an die Grenzen unserer rational überlagerten Wahrnehmung, er setzt dort an wo sich die Begrenztheit zeigt. Ein Denken das in der Lage ist Bipolarität, Parallelprozesse als umfassende Wirklich-keitserfahrung zuzulassen, kommt ohne Abwertung aus, kann denjenigen Teil, der rational nicht erfassbar ist als den anderen Teil des Ganzen sehen.
Das Werk von Joseph Beuys macht dieses Denken für uns greifbar in der Anschaulichkeit und eben gleichzeitig in der Ideenhaftigkeit. Beuys tritt uns als
der Künstler-Schamane entgegen immer dann, wenn er den irrational-rationalen Zusammenhang am intensivsten bearbeitet.
Honigkopf, 1965 Aus: Soziale Plastik, Achberger Verlag
Sein Interesse am Schamanismus besteht nicht an dessen äußeren Formen, sondern an den Kräften und dem andersartigen Denken schamanistischer Gesellschaften, jenem Bewusstsein, das einer holistischen Weltauffassung zugrunde liegt. „Die Identifikation und das Wechselspiel von innerer und äußerer Wirklichkeit lassen sich […] als zentrale Elemente der Beuysschen Weltauffassung bestimmen.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 71)
Beuys geht es primär um die Erweiterung von Wahrnehmung wenn er sich des Schamanischen bedient, während der Schamane die erweiterte Wahrnehmung seiner Gemeinschaft voraussetzten kann. Beuys sieht die schamanische Aktion als eine Vorbereitungsmöglichkeit für das Wirken am Ganzen.
Von der überfremdeten, ideologisierten Seelenlage aus ist dies nicht möglich. Das Verständnis für das Ganze muss erst neu entwickelt werden. Ausgehend von dem Extrempunkt des Individualismus, vom Nullpunkt, von der totalen Abspaltung muss der Zusammenhang neu erkannt und gesamtgesellschaftlich neu geschaffen werden.
„Die Verwirrung entsteht aber letztlich nicht durch einen Schock um des Schockes willen, sondern durch die Ernsthaftigkeit mit der Beuys einen anderen als den kulturell verbürgten, durch die Vernunft gesicherten Zugang auf die Welt und ihre inneren Kräfte praktiziert. Wir haben es hier mit einer anderen Denkform mit anderen, aber ebenso zwingenden Denkergebnissen zu tun. (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S.98)
Beuys leiht sich aus dem schamanischen Bereich was für seine Arbeit, seine Methode dienlich ist um auf Zusammenhänge hinzuweisen, die er als verlorengegangen bezeichnet. Der schamanische Aspekt in seiner Arbeit kann als methodischer Aspekt gesehen werden, als Strategie, genauso wie seine objekthaften Arbeiten, was jedoch keinesfalls ausschließt, daß die Aktionen mit stark rituellem Charakter nicht gleichwohl als schamanische Handlungen gesehen werden können, wie Beuys sagt, daß er ja die Figur des Schamanen wirklich angenommen habe.
Die Bipolarität von Rationalität-Irrationalität als einander sich bedingende Aspekte eines Ganzen ist im allgemeinen Denken noch nicht angekommen.
Dies als zu erweiternde Wahrnehmung ist Beuys erklärte Absicht. So ist in der Interpretation des Werkes von Joseph Beuys häufig die „unübersehbare Tendenz des Auseinanderdividierens von ideeller Konzeption und dinglicher Gestaltung“ zu erkennen. (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 11)
Für diesen Kontext spielt die schamanische Arbeit von Beuys eine bedeutende Rolle. Die Nähe des Tieres zum Menschen ist dabei allgemein nachvollziehbar. Mensch und Tier als aufeinander bezogene Wesen sind von vornherein in einem von Allen bewusst erlebten Zusammenhang. Das Miterleben der Aktion ‚wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’ erzeugt so gesehen sofort Nähe, wenngleich der Zusammenhang in der Aktion selbst rätselhaft bleibt und man sich nicht in eine kausale Erklärung flüchten kann, es deshalb keine bequeme Auflösung gibt. Das Tier in seiner Vermittlerrolle ermöglicht es dem menschlichen Seelenwesen in eine unmittelbare Beziehung
zu treten. „Denn die Beuysschen Unternehmungen sind keine pseudokultischen Inszenierungen oder Versatzstücke, sondern sie sind überaus präzise eingefügt in die umfassende Strategie der sozialen Plastik, deren Konzeption alles andere als eine Rückwärtsutopie darstellt.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 208)
1. 4. Das Tier
„Und Tiere spielen ja bei mir eine große Rolle […] das Tier ist ein Außenorgan
des Menschen, das heißt das Tier gehört zum Menschen. Es ist eine Voraussetzung für den Menschen, auch für seine Entwicklung. Also das Tier hat sich geopfert, damit überhaupt ein Mensch zustande kam. Das ist also eine große, man könnte sagen – Liebesleistung der Tiere, daß sie vorauslaufen in der Evolution, dass es also Vorversuche sind für das Menschwerden.“
(J. Beuys in: Wolfgang Zumdick, Der Tod hält mich wach, Pforte Verlag, 2001, S. 69)
Beuys räumte den Tieren einen großen Platz in seinem Werk ein.
Der Zusammenhang von Mensch und Tier bzw. die Tiere als Vorstufen des Menschen, das Tier, das eine Liebestat, eine Opfertat vollbringt im Evolutionsge-schehen für die Entwicklung des Menschen, sind Vorstellungen die eine wichtige Rolle im Weltbild von Beuys spielen.
An dieser Stelle zeigt sich Beuys’ intensive Auseinandersetzung mit dem Evolutions-gedanken von Rudolf Steiner.
Beuys spricht von der Verwandtschaft von Mensch und Tier, von den älteren Brüdern des Menschen. Er denkt das Tier nicht ohne gleichzeitig auch den Mensch zu denken. Mensch und Tier bedingen einander.
Rudolph Steiner stellt in seinem Vortrag GA 104, S. 93, die Frage nach der Tiergestalt: „Was ist also eine Tiergestalt? Eine Gestalt, die wenn sie mit dem Geist aus dem sie hervorgegangen ist, verbunden geblieben wäre, sich bis zur heutigen Menschheit heraufentwickelt hätte. So aber sind sie stehen geblieben, so haben sie den geistigen Keim verlassen, sie haben sich abgespalten…, stellen dar einen Zweig des großen Menschenbaumes. Der Mensch hat gleichsam die Tierheit in sich gehabt in allen Zeiten, hat sie aber als Seitenzweige herausgespalten. …Und jede Eigenschaft die der Mensch heute hat verdankt er dem Umstande, dass eine bestimmte Tiergestalt herausgesetzt hat […] Was der Mensch heute noch geistig hat in seinem Astralleib, das stellen die Tiergestalten einzeln physisch dar. Er hat das im Astralleib bewahrt bis zum spätesten Zeitraum im Erdendasein. …Wer mit dem Blick des Hellsehers die verschiedenen Tiere ansieht, der weiß genau, was wir dem einzelnen Tier verdanken.“ Das oben genannte Zitat von Beuys trifft sich im Wesentlichen mit der Vorstellung von R. Steiner. Der Mensch schaut im Anblick der Natur auf seine eigene Vergangenheit zurück. Mit diesem Evolutionsgedanken im Hintergrund ist die Nähe, die Beuys zum Tier herstellt zu beleuchten, was er unter ‚Tierfähigkeit’ und
‚Vorversuche für das Menschwerden’ versteht (Nicole Fritz, Bewohnte Mythen, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2002, S. 58)
Beuys sieht den Evolutionsprozess vom Standpunkt des Künstlers als Formungsprozess, als plastischen Prozess, der zu einer fortschreitenden materiellen
Verdichtung führt ebenso wie zu einer geistigen Differenzierung. Diese Prozesse geschehen im Zusammenhang, es gibt keine isolierten Einzelentwicklungen im Kosmos. Er erklärt im Hinblick auf R. Steiner’s Evolutionsgedanken: „Das ist eine geistige Interpretation einer darwinistischen Evolutionstheorie. Da treffen sich sowohl die – sagen wir – materialistische Sicht als auch die spirituelle Sicht, kommen da zu einer Einheit, und es kann daran klar werden, dass sowohl die materialistische Sicht als auch die spirituelle Sicht – dass jede einseitige Sicht abgeht vom Ganzen. Da haben wir wieder das Ganze, oder die Idee des Ganzen auch als Gesamtkunstwerk.“ (Raussmüller – Sauer, S. 138)
Die Aktion ‚wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’, macht diese Nähe zum Tier erfahrbar, hier zu einem toten Tier, woraus sich eine ganz besondere Verbindung ergibt, die unübersehbar auf immaterielle Ebenen verweist. Der Tod, der an
diesem Hasen zu erkennen ist trifft den Mensch im Innersten, er erinnert an die tief greifendste Wandlung, die Mensch und Tier verbindet, „hier werden unvermittelt Empfindungen und Assoziationen wachgerufen, die den tiefsten Kern menschlich
– leiblicher Existenz berühren […] “ (Martin Müller, Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, VDG, S.)
Beuys äußert sich in einem Gespräch mit Carolin Tisdall über seine Beziehung
zum Tier, über den seelischen Aspekt in der Beziehung und den Grund weshalb
das Einbeziehen der Tiere in seine Arbeit von großer Bedeutung ist: „Man kann
mit einem Tier als einem einzelnen Repräsentanten seiner Spezies sprechen oder durch es in Kontakt mit der Gruppenseele seiner Spezies treten. Die Wahrnehmung der Gruppenseele offenbart die ganze Wirklichkeit an dieser Stelle. Die sog. niederen Lebensformen, Steine, Pflanzen, Tiere können den Zugang zu den sog. höheren Formen ermöglichen: Warum arbeite ich mit Tieren, um unsichtbare Kräfte darzustellen. Man kann solche Kräfte aufzeigen wenn man ein Reich betritt, das die Menschen vergessen haben, wo unermessliche Kräfte als große Persönlichkeiten wirken. Wenn ich versuche mit dem Geist dieser Ganzheit von Tieren zu sprechen, erhebt sich die Frage, ob man nicht auch mit anderen höheren Wesen verkehren könnte.“ (Caroline Tisdall, Joseph Beuys Coyote, Schirmer/ Mosel, Bonn, 2008, S. 12)
Im Laufe der menschlichen Kulturgeschichte entfernte sich der Mensch immer weiter vom Tier, es wurde „zunehmend aus dem Seelenkult verdrängt“. (Nicole Fritz, Bewohnte Mythen, Joseph Beuys und der Aberglaube, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2007, S. 56)
Wo anfangs Mensch und Tier in einer Wesensverwandtschaft standen, wo Seelen, göttliche Wesen, Geister sich in Tiergestalten verkörperten wird das Tier im Zuge der Entwicklung zunehmend vermenschlicht bis schließlich aus dem Tiergott das Begleittier des menschenähnlichen Gottes wurde, dessen Eigenschaften es verkörperte.
Beuys war der Ansicht, dass Tiere in unserer Gesellschaft keine angemessene Stellung mehr hätten und es folglich notwendig sei sie aus diesem ,rechtlosen’ Zustand wieder zu befreien indem man ihnen die zuerst geraubte Beseeltheit wieder zuerkennt. Dies sei, so Beuys, Voraussetzung um Ganzheit denken zu können wenn es um die humane Gestaltung der Gesellschaft geht. Er zeigt uns seine innige, sensible Beziehung in vielen seiner Werken, in vielen Zeichnungen, in einigen plastischen Arbeiten und insbesondere in den beiden Aktionen ‚ wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’ und ‚I like Amerika and Amerika likes me’.
Wenn, bezogen auf die Aktion mit dem toten Hasen ein dialogischer Austausch mit einem Tierwesen nicht nur als möglich, sondern als real bewertet wird, so hat das Verhältnis zum Tierreich, wie auch zu den anderen Naturreichen eine andere Qualität: „ein organisches Verwobensein des Weltganzen.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 78)
Hirsch, Hase und Biene sind die Tiere, die in Beuys’ Arbeiten besonders häufig vorkommen, auf die ich daher näher eingehen will.
Die Bienen
„Der Wärmeorganismus des Bienenstaates ist zweifellos das wesentlichste Element, dass ich Wachs und Fett in Zusammenhang gebracht habe mit den Bienen. Das,
was mich an der Biene oder vielmehr an ihrem Lebenssystem interessiert hat, ist die gesamte Wärmeorganisation eines solchen Organismus, und innerhalb dieser Wärme-organisation gibt es eben plastische Ausformungen. Die Bienen haben einerseits dieses Wärmeelement, das ist ein sehr stark fließendes Element, andererseits bilden sie Plastiken aus, die kristallin sind, sie machen ja regelrecht ganz geometrische Bauten; da ist schon etwas von der plastischen Theorie zu finden, […] “
(Beuys in: Beuys, Adriani, Konnertz, Thomas, DuMont, 1981, S. 52)
Bienenkönigin III, 1956, aus: Soziale Plastik
Bienenkönigin III, 1956, aus: Soziale Plastik
Der Organismus der Biene verkörpert im Denken von J. Beuys die Vereinigung zweier Polaritäten, des Wärme und des Kältepols, Phänomene die für Beuys’ plastische Theorie von zentraler Bedeutung sind. Er sieht darin „die erfahrbaren Wesenselemente vitaler Lebensbildung schlechthin.“ (Beuys in: Beuys, Adriani, Konnertz, Thomas, DuMont, 1981, S. 25)
Mit ihrer Brustmuskulatur erzeugt die Biene starke Wärme, die dann in dem kugelförmigen Gebilde des Bienenvolkes gespeichert wird. Beuys spricht in diesem Zusammenhang von der Wärmeskulptur der Bienenstaates, womit die Sozialität dieses organisch gewachsenen Gebildes gemeint ist, die bildhaft, als Phänomen erfahrbar ist und von Beuys übertragen wird: „ […] jetzt nicht als eine sinnlose Übertragung, sondern vom Bilde genommene Übertragung einer sozialen Wärmeskulptur.“ (Beuys in: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 70)
Der Begriff von Wärme wie ihn Beuys verwendet meint nicht ausschließlich die physikalische Größe sondern ist zu verstehen als eine „ganz andere Wärme, nämlich geistige Wärme oder ein Evolutionsbeginn.“ (Beuys in: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1993, S. 68) ‚Physiologie der Bienen’ sind frühe Zeichnungen, die ebenso wie einige kleine Wachsreliefs aus den fünfziger Jahren mit dem Titel ‚Bienenkönigin’ die Biene als vom Herzpunkt aus gestaltetes Wesen zeigen, das aus dieser Mitte heraus tentakelartige Gebilde in den Raum um sich herum aussendet, ein Bild der Wärmeskulptur.
R. Steiner beschreibt in seinem Vortrag (R. Steiner, GA. 8. Vortrag. Dornach, S. 136) sehr ausführlich das Leben der Bienen als eine vollkommen sonnenorientierte Lebensorganisation: „Sie kommt also dadurch, daß sie eine ganze Umdrehung der Sonne durchgemacht hat, in all das hinein, was die Sonne an ihr bewirken kann. So daß die Arbeitsbiene just alles dasjenige bis zu ihrer vollen Entwicklung genießt, was die Sonne leisten kann […] ist ganz Sonnentier, die Arbeitsbiene.“
Im Bild der Aktion ‚Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt’ sehen wir die Zusammenhänge von Gold und Sonne, Wärme, Biene und Honig zusammengefasst in der Erscheinung der Figur mit dem Goldkopf und in der Unmittelbarkeit der Aktion erfahrbar. „Die Schichtung von Gold und Honig ist es, die den Kopf bzw. das Gehirn als Ort des Denkens mit dem beschriebenen Wärmebegriff als Lebenselement in Verbindung bringen will. Dadurch, dass die Biene im Beuysschen Denken, als ‚ Sonnentier’ in unmittelbarer Beziehung zur Sonne stehend begriffen wird, erhält der Wärmebegriff eine regelrecht planetarische Dimension.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 70)
Der Hirsch
„Der Tod des Hirschen […] ist meistens ein Ergebnis von Schändung, Misserkennung. Auf Grund der Begegnung des Geistes mit Entwicklungsnotwen-digkeiten, Techniken mit Reduktionscharakter, künstlichen Methoden unterliegt er scheinbar, weil er erst mal tot ist, aber dadurch kommt er natürlich, bei mir entsteht er gerade daraus.“ (Beuys in: Bewohnte Mythen, Nicole Fritz, Verlag für moderne Kunst Nürnberg, 2007, S. 60)
Der Hirsch ist in verschiedenen mythischen Vorstellungen der Begleiter von Göttinnen und Göttern. Die griechische Göttin Artemis verwandelt sich in einen Hirsch, der Kultwagen der germanischen Göttin Nerthus wird von dem Sonnenhirsch gezogen, der als ihr Heros der Sonne zugeordnet ist.
Der Hirsch spielt in vielen Gesellschaften eine zentrale Rolle in ihren spirituellen Zusammenhängen als Unterweltsbegleiter, Psychopompos, der die Seelen in die neue Wirklichkeit führt wie z.B. der hirschgestaltige ‚Kauyumari’ der Huichol Indianer. Er ist die Leitfigur, die Orientierung gibt, die den Weg durch das Unbekannte weist.
Roter Hirsch, 1956, aus: Arbeiten aus Münchner Sammlungen, Abb. 10
Elch, 1954, ebenda, Abb. 20
Hirschkuh, 1952, ebenda, Abb. 65
Darstellungen von Hirsch und Elch sind bereits im Frühwerk von Beuys zu finden:
‚Hirschkuh ihr Junges nährend’1951, ‚schwimmende Hirsche’ 1952, ‚Winter- landschaft, Mädchen mit Hirsch’ 1953, ‚Zwei Hirschführer’ 1955, ‚Schlitten mit Hirschköpfen’ 1959. Sie bilden eine lange Liste, die durchgängig bis in das
Beuyssche Spätwerk reicht. Wie Beuys im obigen Zitat sagt, ist es gerade der Tod des Tieres, d.h. die Kraft der Transformation, die seine Lebendigkeit hervorbringt. Das Tier, das, so Beuys, Stadien der Misshandlung durchgeht bis hin zu seinem Opfertod, ist ebenso ein Symbol christlicher Vorstellung: „Ohne Zweifel spielt der bedeutende christliche Symbolgehalt des Hirschen in der kontinuierlichen Beschäftigung mit dem Tier eine große Rolle. Das tot daniederliegende Tier steht in Beuys’ Vorstellung für das Missverstehen um Christus und dessen Opfertod.“ (Wie man dem Toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 65)
Viele Arbeitstitel reflektieren diesen Zusammenhang wie z.B. ‚Toter Hirsch und Mond’ , ‚Toter Mann auf Hirschskeletten’, ‚Toter Riesenhirsch’, ‚Verwundeter Hirsch’.
Die Bedeutung des Hirsch im Werk von Joseph Beuys lässt sich jedoch nicht an der äußeren Erscheinung des Tieres und seiner Symbolik festmachen, was ganz besonders an der Installationsgruppe ‚Hirschdenkmäler’ zu ersehen ist, die ohne einen direkten, bildhaften Bezug zum Hirsch auskommt: „Dem Tier wird in diesen Arbeiten eine weit über das Phänomenale der Erscheinung hinausreichende Bedeutung zugewiesen, die sich auch nicht aus einem tradierten Symbolverständnis, das eher Derivat-Charakter hat, erschließen lässt. Vielmehr reicht der Sinngehalt in einen Bereich hinein, der gewissermaßen hinter der Schranke des Subjektiven und Objektiven liegt.“ (Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 66)
Die Rolle, die dem Hirsch zukommt ist eventuell dort zu suchen wo sich ein Sinn für den Mensch-Welt-Gesamtzusammenhang zeigt, wo der Austausch zwischen Subjekthaftem und Objekthaftem stattfindet. Beuys selbst äußert sich dazu folgendermaßen: „Die Hirschdenkmäler sind Akkumulationsmaschinen, an
denen Menschen und alle anderen Geister sich treffen, um gemeinsam zu arbeiten und dabei die entscheidenden Gesichtspunkte zu besprechen, die nötig sind, den KAPITALBEGRIFF und damit die Weltlage in die richtige Form zu bringen. Das kann man natürlich ohne Hirschdenkmäler nicht.“ (J. Beuys in: Zeitstau, Johannes Stüttgen, Fiu Verlag, 1998, S. 174)
Lehmberg aus ‚Hirschdenkmäler’ 1982, in: Zeitstau
Werkstatt, aus ‚Hirschdenkmäler, 1982, in: Zeitstau
Hirschdenkmäler’, 1982, Installation im Martin Gropius-Bau
Beuys naturwissenschaftliche Studien, seine intensive Auseinandersetzung mit den Theorien Rudolph Steiners, sein mythologisches Interesse, seine persönlichen
Vorlieben von Lieblingstieren, diese und weitere Aspekte spielen fraglos eine Rolle bei der Wahl seiner Tiere für seinen Arbeitsprozess.
In der Auseinandersetzung mit der Frage nach dem Tier in Beuys’ Werk erscheint es mir jedoch wichtig der Stimme des Werkes selbst mehr Gehör zu schenken als eventuellen Spekulationen, oder wie Johannes Stüttgen es ausdrückt: „Und so werde ich mich hüten, mich an einer uferlosen, symbolgeschichtlichen Spekulation wie an einer Schlüssellochguckerei zu beteiligen oder gar dazu zu animieren. Nehmen wir
einfach zur Kenntnis, dass es der Hirsch ist, der im Arbeitszusammenhang von Joseph Beuys eine ganz besondere Rolle spielt und von ihm in HIRSCHDENKMÄLER ins Aktionszentrum eines spezifischen Kraftfeldes gerückt wurde.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998, S. 176)
Der Hase
„Ich kenne den Hasen aus meiner unmittelbaren Erfahrung. Der Hase hat direkt eine Beziehung zur Geburt. Eine Beziehung zur Erde, nach unten. Für mich ist der Hase ein Symbol für die Inkarnation. Das ist mir übrigens andeutungsweise passiert. Denn der Hase macht das ganz real, was der Mensch nur in Gedanken kann. Er gräbt sich ein, er gräbt sich einen Bau. Er inkarniert sich in die Erde. Und das allein ist wichtig. So kommt er bei mir vor.“
(Beuys in: Joseph Beuys, Eva Beuys, Wenzel Beuys, Joseph Beuys Medien – Archiv, 2010, S. 67)
„Der Unbesiegbare“
Schmelzaktion ‚Friedenshase’ aus: Zeitstau
Schmelzaktion ‚Friedenshase’ aus: Zeitstau
Eurasia,32. Satz der Sibirischen Symphonie 1963’ aus: Joseph Beuys, Medien-Archiv
Eurasia,32. Satz der Sibirischen Symphonie 1963’ aus: Joseph Beuys, Medien-Archiv
Der Hase steht in diesen genannten Bezügen wie im Dienst der Erde.
Beuys zeigt ihn vor allem auch als das Friedenstier und Freiheitstier, wie z.B. die Skulptur DER UNBESIEGBARE auf dem Europawahlplakat, der Hase in Gegenüber- stellung zu einem winzigen schießenden Soldaten.
In SIBIRISCHE SYMPHONIE ist er ebenfalls in dieser Funktion zu sehen, in seiner Vermittlerrolle zwischen Ost und West.
Der Hase wirbt auch für die Aktion 7000 EICHEN in der spektakulären SCHMElZAKTION FRIEDENSHASE. Beuys schmolz 1982 in Kassel bei einer Aktion mit großer Öffentlichkeitsbeteiligung eine alte Zarenkrone ein und goss daraus den goldenen FRIEDENSHASEN, der mit dem Sonnengoldsymbol immer noch Werbesymbol für die soziale Skulptur ist und wie Johannes Stüttgen sagt: „Damit
hat Joseph Beuys eine neue Kategorie eingeführt: Skulptur für Skulptur.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, Fiu Verlag, 1998, S.81)
Beuys bezieht sich auch im Falle des Hasen explizit auf die ‚Tierheit’ im Mensch, auf das Tier als vom Mensch herausgelöstes, ihm stets verwandtes Wesen, ein
‚Außenorgan’ des Menschen: „… daß ein Hase – und mit ihm die Natur- ein Organ des Menschen ist, ohne das der Mensch nicht leben kann, das er braucht als Lunge wie den Wald als Sauerstoffquelle, wie er sein Herz braucht, wie er seine Leber und Lunge braucht, so kann man einen Hasen als ein Außenorgan des Menschen nehmen.“ (Beuys in: Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, Martin Müller, VDG Verlag, 1994, S. 78)
1. 5. Der mythologische Aspekt
„Ich will nicht die Ururmythe herstellen und ein Bild der Vergangenheit hier vorstellen. Wir stehen ja an einem ganz anderen Platz in der Entwicklung. Dieser Ort, diese Stelle fordert […] etwas ganz Neues, herauszufinden wie wir mit der Vergangenheit zusammenhängen.“
(Beuys in: Sammlung Lutz Schirner 1971, Gespräch mit Hagen Lieberknecht, S. 18)
Wohin weist der Mann mit dem Goldkopf, der tote Hase? Die archaische Erscheinung der Goldmaske?
„Es wird auf ein mythisches Bewusstsein verwiesen, das noch unmittelbaren, wenn auch atavistischen Bezug zur geistigen Welt hatte.“ (Harlan, Rappmann, Schata, Soziale Plastik, Achberger Verlag, 1984, S. 86)
Fühlen, Denken und Wollen des Menschen stehen immer in Bezug zu seiner Vergangenheit genauso wie zu seiner Zukunft, Vergangenheitsstrom und Zukunftsstrom formen die Gegenwart. Über die bewusste Bezugnahme auf den mythologischen Kontext schaffen wir Verbindung, kulturhistorisch gesehen und
in geistig – spiritueller Hinsicht. Es entsteht ein Stück mehr Ganzsein. Spätestens seit Johann Bachofen, dem wegweisenden Mythenforscher des19. Jahrhunderts wissen wir, dass die Mythe eine fundamentale Quelle ist um Aufschluß zu erhalten über den gesamten sozio – kulturellen Zusammenhang unserer Vergangenheit.
Die Mythe ist ein ganz konkreter Bezug zu lokalen Bedingungen der Menschen in der Frühgeschichte, sie „stellt die älteste, grundlegende religiöse Konzeption der Menschheit dar.“ (Die tanzende Göttin, Heide Göttner- Abendroth, Verlag Frauenoffensive, 2001, S. 66)
- Beuys geht mit der Mythe künstlerisch um. Die Tiere sind Wesen in und für seinen schöpferischen Prozess, werden in diesem Sinne zur persönlichen Mythengestalt, sie erhalten z.Teil Phantasienamen wie z.B. ‚Hirschkuh’,’ Dreibein frisst Gras’, oder sie sind als Gesprächspartner des Menschen gesehen wie dies der Fall ist in der Aktion mit dem toten Hasen, oder bei verschiedenen Zeichnungen z.B. ‚oh Fallada there
you hang’ , oder ‚Mädchen mit Seehund im Gespräch’. Sie erscheinen ebenso als Zwitterwesen ‚Tierfrau’ , ‚Hirsch mit Menschkopf‘.
In seinem Werk ‚ Das wilde Denken’ hat Claude Levy Strauß den Begriff
‚Mythenbricolage’ geprägt. Damit ist die Fähigkeit archaischer und gegenwärtiger indigener Völker gemeint, die ein für ihre Gemeinschaft verbindliches Bild schaffen aus den tradierten und gegenwärtigen Erlebnissen und Erfahrungen. Dabei werden alle Wesen, Dinge und Phänomene durch einen allumfassenden, magischen Zusammenhang miteinander verbunden, der nicht auf abstrahierenden und rationalen Überlegungen beruht. Er nennt dieses Denken eine phantasievolle Kombination von Bruchstücken der sinnlichen Wahrnehmung und vergangener Ereignisse, die mit Hilfe der Einbildungskraft zu konkreten Bildern und Geschichten verarbeitet werden.
Im mythologischen Kontext trifft sich Sinnliches mit Übersinnlichem, die Menschen haben in dieser Kulturhandlung die übersinnlichen Wesen in ihre Lebensbezüge real hereingeholt, wie es Beuys in seinem Gespräch mit Caroline Tisdall ausdrückte „um unsichtbare Kräfte darzustellen“. (Beuys in: Bewohnte Mythen, Nicole Fritz, Verlag für moderne Kunst, Nürnberg, 2007 S. 35)
Beuys hat in der Aktion mit dem toten Hasen ebenfalls real über sein Gespräch mit dem toten Tier die beiden Ebenen zusammentreffen lassen und dies für das Publikum erfahrbar gemacht. Die ‚ Mythenbricolage’ , die Beuys in seinen Werken herstellt
ist inspiriert von mythologischen Aspekten und bearbeitet in einer individuellen Form, die jedoch nicht als verbindlich erfahren werden kann. Was das Einbeziehen archaischer und mythologischer Aspekte anbelangt betont Beuys die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit den alten Kulturen um die Zugänge zu übersinnlichen Kräften zu öffnen für die Gestaltungsprozesse der Gegenwart, es geht um eine
neue Freiheit in Bezug auf das Erinnern, um ausdrücklichen Gegenwartsbezug und
keinesfalls um Nachahmung oder Wiederholung, um Fortschritt neu begriffen: „Nicht Regression ist es, sondern das Einzige was in Frage kommt ist Progression, und durch welche Mythologie man die Progression fördert darauf kommt es mir an. So will ich nicht weg von modernen Errungenschaften sondern ich will hindurch. Es gilt heute die Quellensituationen, die noch von Inspiration und Intuition getragen werden, von neuem zu befragen, d.h. die Verbindung zu den Göttern und zu alten mythischen Verflechtungen auf einer höheren Ebene nachzuvollziehen. “ (Beuys in: Götz A., Konnertz W., Thomas K., DuMont, Köln, 1981, S. 41, 42)
Beuys sieht den maßgeblichen Unterschied von archaischer Kultur und heutiger Kultur in der Freiheit des Individuums. Er sieht den Mensch der Frühgeschichte als unfrei in seiner Individualität, in Abhängigkeit von Kollektivbanden der spirituell – religiösen Verbindlichkeiten.
Heute hingegen ist der industrielle Mensch an dem Extrempunkt der unverbindlichen Individualisation angekommen, des freien Individuums, welches vom Standpunkt der Freiheit aus den Aspekt des Mythischen erfasst und gestaltet im Gesamtzusam- menhang einer Gesellschaft von freien Individuen: „In das moderne, selbstbewusste Denken des freien Individuums müßte das Mythische gewandelt integriert werden in das, was heute gesagt, getan, geschaffen wird.“ (Beuys in: Soziale Plastik, Harlan, Rappmann, Schata, Achberger Verlag, 1984, S. 95)
Teil 2: Der erweiterte Kunstbegriff
1. 1. Das plastische Prinzip
Beuys an Lehmbruck:„Das heißt, seine Skulpturen sind eigentlich gar nicht visuell zu erfassen. Man kann sie nur erfassen mit einer Intuition, die einem ganz andere Sinnesorgane ihr intuitives Tor offen machen, und das ist vor allen Dingen das
Hörende – das Hörende, das Sinnende, das Wollende, das heißt, es sind Kategorien in einer Skulptur vorhanden, die niemals da vorher vorhanden waren.“ (Joseph Beuys: Mein Dank an Wilhelm Lehmbruck, Schirmer/Mosel, S. 17)
Die Begegnung mit der Plastik von Wilhelm Lehmbruck im Jahre 1938, die Beuys auf einer kleinen Abbildung sah, war das ausschlaggebende Ereignis, besser gesagt war ausschlaggebend für die Intuition „Und unmittelbar ging mir eine Idee auf, eine
Intuition also: mit der Skulptur ist etwas zu machen. Alles ist Skulptur—rief mir quasi dieses Bild zu.“ (J. Beuys: Mein Dank an Wilhelm Lehmbruck, Schirmer/Mosel 2006, S. 11).
In seiner Dankesrede an Wilhelm Lehmbruck, die Beuys kurz von seinem Tod anlässlich der Verleihung des Wilhelm-Lehmbruck-Preises der Stadt Duisburg hielt bringt er seine tiefe Dankbarkeit zum Ausdruck gegenüber der Kunst von Lehmbruck. Hier geht er noch einmal, gleichsam abschließend, auf die Bedeutung ein, die die Kunst hatte für die Entwicklung der ‚sozialen Plastik‘. Sie ist die Quelle, die die Intuition speiste die Arbeit an der Plastik aufzunehmen und über Jahrzehnte hinweg auf intensivste Weise zu verfolgen.
Für den Kunstbegriff von Joseph Beuys ist das plastische Prinzip das Grundprinzip jeder kreativen Handlung. Er formuliert es über die drei Begriffe Wärme (Chaos)
– Bewegung – Kälte (Form), oder: Wille –Gefühl – Denken , den Grundelementen seiner plastischen Theorie. Beuys setzt die Plastik in Gleichung zum Mensch. Seine Formel für Plastik ist präsent im Mensch sowohl als physikalische Größe (Wärme- Bewegung-Kälte) als auch als seelische Matrix (Wille-Gefühl-Denken). Er stellt schließlich fest: Plastik=Mensch!
2. 2. Intuition und Denken
“Bereits im Denken liegt der Formvorgang gegründet, der dann durch meine Leibesorgane und andere Werkzeuge als Abdruckcharakter in die Welt und dort zu einer Form kommt, die informiert. … Denken ist Kreation, ein elementarer Schöpfungsvorgang. Denken ist ein unsichtbarer plastischer Prozess, eine Gedan-
kenskulptur.“ (Joseph Beuys in: Der Tod hält mich wach, Wolfgang Zumdick, Pforte Verlag , Dornach2001, S. 102)
Aus: Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle
Joseph Beuys sieht im Denken das grundlegende schöpferische Prinzip, welches Kunst ist, welches das plastische Prinzip ist. Er folgte dem Ruf, dem Appell, der ihm aus der Kunst entgegenkam über die Plastik von Lehmbruck, und der wiederum in sie hinein- zurückführte: „An ihr erst entzündete sich der Ruf nach ihr“ (Künstler, Denker, Revolutionäre, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1996, S. 150,)
Es war das radikale Ernstnehmen einer Intuition, welches schließlich in der sozialen Plastik mündet, einer grundsätzlichen Veränderung bestehender
Verhältnisse . In seinem Verständnis von Intuition lehnt sich Beuys in den
zentralen Aspekten an die Theorie des ethischen Individualismus in Rudolph Steiner’s ‚ Philisophie der Freiheit’ an.
Das Individuum ist als frei angenommen aufgrund seiner Denkkraft, und aus dieser Freiheit heraus ist es fähig moralische Kraft zu entwickeln, aus dieser Freiheit heraus war es überhaupt erst möglich zum einen Intuition zu empfangen, zum anderen sie konsequent zu verfolgen.
„Der freie Geist handelt nach seinen Impulsen, das sind Intuitionen die aus dem Ganzen seiner Ideenwelt durch sein Denken ausgewählt sind.“ (Rudolph Steiner,GA 004 S.191)
Rudolph Steiner geht von der ‚Einigkeit der Ideenwelt’ aus, davon „daß die Ideenwelt die in mir tätig ist, keine andere ist als die meiner Mitmenschen.“ (Rudolph Steiner, GA 004, S. 165), davon, dass die Intuition aus dem gemeinsamen geistigen Ursprung zur individuellen Ausformung gelangt.
„Unser Denken ist nicht individuell wie unsere Empfindungen und unser Fühlen. Es ist universell. Es erhält ein individuelles Gepräge in jedem einzelnen Menschen dadurch, dass es auf sein individuelles Fühlen und Empfinden bezogen ist. Durch diese besonderen Färbungen des universellen Denkens unterscheiden sich die
einzelnen Menschen voneinander… In dem Denken haben wir das Element gegeben,
das unsere besondere Individualität mit dem Kosmos zu einem Ganzen zusammen- schließt.“ (Rudolph Steiner, Die Philosophie der Freiheit, Rudolph Steiner Ausgaben 2015, S. 109)
Joseph Beuys sieht darin einen Kreislauf. Über das sich seiner Verantwortung bewussten Individuum, dessen schöpferische Tat in die Richtung des Gemeinwohls weist, geschieht ein Rückfluss in den gemeinsamen geistigen Ursprung, da das in dem genannten Sinn entstandene Gemeinwohl, die soziale Plastik, auch ein geistiges ist.
Der ethische Aspekt der Intuition, die Verantwortung die Beuys insbesondere vom Künstler fordert, lässt ihn in die tiefsten Tiefen der menschlichen Schöpfungskraft steigen.
„Der Punkt, an dem Plastik entsteht, liegt für mich so weit zurück, als würde ich sagen, Denken ist schon Plastik. Der Denksinn selbst erscheint: als plastische Substanz, als Wärmesubstanz.“ (Joseph Beuys in: Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998, S. 126)
In dem Zusammenhang den Beuys in der Aktion mit dem toten Hasen zwischen Denken und Honig auf seinem Kopf herstellt geht es ihm um eine Verlebendigung des im Intellektualismus erstarrten Denkens durch ein organisches Prinzip: „Mit dem Honig auf dem Kopf tue ich natürlich etwas, was mit Denken zu tun hat.
Die menschliche Fähigkeit ist nicht Honig abzugeben, sondern zu denken, Ideen abzugeben. Das wird jetzt parallelgesetzt. Dadurch wird der Todescharakter des Gedankens wieder lebendig gemacht. Denn Honig ist zweifellos eine lebendige Substanz. Der menschliche Gedanke kann auch lebendig sein. Er kann auch intellektualisierend tödlich sein, auch tot bleiben, sich todbringend äußern, etwa im politischen Bereich oder in der Pädagogik.“ (Beuys in: Soziale Plastik, Harlan, Rappmann, Schata, Achberger Verlag, 1984, S.61)
Es geht Beuys, wie er es nennt um den ‚Denksinn’, um eine Art zu denken, die viel weiter gefasst ist als das rationalistisch begrenzte Denken. Er spricht das wesenhafte Denken an, das Fühlen und Wollen einschließt und eben sich selbst einschließt in der Fähigkeit sich selbst zu reflektieren.
Intuition und Denken sind hier nicht voneinander zu trennen.„Intuition ist das im rein Geistigen verlaufende bewusste Erleben eines rein geistigen Inhaltes. Nur durch eine Intuition kann die Wesenheit des Denkens erfasst werden.“ (Die Philosophie der Freiheit, Rudolph Steiner, Rudolph Steiner Ausgaben 2015, S. 173)
Das Denken ist derjenige Aspekt, den die Intuition benützt um erscheinen zu können. Über die Intuition erhält das Denken seinen eigentlichen Inhalt. Beuys betont die weltübergreifende Größe des Denkens: „Das heißt alles was an der Welt überhaupt vorstellbar ist, und sei es Millionen von Lichtjahren entfernt-wird bei weitem überholt durch die Dimensionen des menschlichen Denkens. Aber das Denken ist nicht an
das Leben gebunden, es ist rein übersinnlicher Daseinsform.“ (Beuys in: Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998, S. 150) Es entstehe nicht erst im materiellen Gehirn : “Wenn ich von Denken rede rede ich nicht von Gehirntätigkeit…nicht das Gehirn denkt sondern das Denken bedient sich des Gehirns.“ (Beuys in: Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998, S. 150)
Das Denken ist Ausgangsort, ist im Sinne von Plastik der Wärmepol der Kreativität des freien Menschen, der sich als Künstler, als Weltenschöpfer erlebt, der darin in seiner ganzen Verantwortung steht.
Aus der Qualität des so verstandenen Denkens ergeben sich Konsequenzen für die Gesellschaft: “Das heißt der gute Wille ist zur gleichen Zeit das reine Denken, das Denken mit der Qualität die möglichst die Phänomene der Welt mit wahren
Begriffen beschreibt und dann aus der Beschreibung der Wirklichkeit auch zu wahren
,konsequenten Handlungen in der menschlichen Arbeit und in der Formung der gesellschaftlichen Verhältnisse führt. Das ist ganz genau der Wertmaßstab einerseits und das Qualitätskriterium für die gesellschaftliche Struktur, für die soziale Skulptur.“ (Aus einem Gespräch das Joseph Beuys 1980 mit Peter Struycken führte, in: Eva Beuys, Wenzel Beuys, Joseph Beuys, Medien Archiv, Berlin 2010).
Im Denken, so Beuys, welches kein abgespaltenes Produkt der Ratio mehr ist, hat der Mensch seine ‚ volle Größe’. Er muss erst wieder dahinkommen, um den
großen Aufgaben, die es zu lösen gilt, gewachsen zu sein. Denken ist Plastik, ist der Ursprungsort von Freiheit. „Durch den Stoff hindurch und hinter den Stoff zurück wo der Gedanke stand, der keineswegs fertige Idee ist sondern eher zu verstehen ist als Intuition, als der Drang zu etwas Zukünftigem, das aus sich selbst heraus Form werden wollte im Stoff.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, Vortrag Achberg Klturzentrum,1994)
2. 3. Die soziale Plastik
„Ich habe mich nicht zufriedengegeben, Plastik nur zurückzuführen auf eine stilistische Entwicklung, sondern mich hat an der Plastik mehr interessiert, den Menschen selbst wiederzufinden, also in der Plastik Kräfte zu finden die im Mensch selbst liegen.“ (Josep Beuys zu Karlheinz Koinegg, Bonner Stadtzeitung, Nr.5/1989)
In den 60ziger- und 70ziger Jahren, parallel zu seiner Lehrtätigkeit an der Akademie in Düsseldorf, entwickelte Joseph Beuys die Idee der sozialen Plastik, die er als
sein Hauptwerk bezeichnet, die er als Kunstwerk aus der Kunst herausbildet, aus der Arbeit mit dem Stoff in seiner Geist-Materie Definition. Das Arbeitsumfeld, die hierarchischen, autoritären Strukturen im Bildungs-und Kulturbereich, die Arbeit mit den Studenten spielten dabei eine wichtige Rolle. Die Prozesse aus den kreativen Bereichen trafen auf die festgefahrenen Strukturen der Institution
Akademie und lieferten die Ausgangspunkte für wichtige Entwicklungsschritte des plastischen Prinzips. Er bezeichnet seine Arbeit an diesem Thema als das
tatsächliche ‚Herausbilden eines Lebewesens‘, eines ‚Wärmewesens‘, ausgehend vom Wärmeursprung im Denken.
In einem Beitrag anlässlich der Ausstellung ‚Zeitgeist’ in Berlin 1982 geht Beuys eindringlich auf die Notwendigkeit ein, die Frage der Sozialen Skulptur als einen lebendigen Organismus, lebendige Plastik zu bearbeiten, zu erschaffen: „Ich behaupte, daß dieser Begriff soziale Plastik eine völlig neue Kategorie der Kunst ist. Eine neue Muse tritt den alten Musen gegenüber auf! Diese Muse war vorher nicht bekannt und weil sie nicht bekannt war, ist es zu den bekannten Denkirrtümer
gekommen, d.h. jetzt ist die Lage kritisch geworden, daß sich wirklich einige Geister auf den Weg gemacht haben, diese Muse zu entdecken. Sie trägt den zukünftigen Begriff von Plastik der vor jedem anderen Begriff von Plastik Vorrang hat. Ich schreie sogar: es wird keine brauchbare Plastik mehr hienieden geben, wenn dieser soziale Organismus als Lebewesen nicht da ist. Das ist die Idee des Gesamtkunstwerks in
der jeder Mensch ein Künstler ist.“ (Harlan, Rappmann, Schata, soziale Plastik, Achberger Verlag, 1996, S. 35)
Es dreht sich, wie Beuys sagt, um die „dauernde Konferenz“, die stete Auseinan- dersetzung unter den Menschen, und eben nicht um ein mehr-oder weniger fertiges Konzept alternativer Wirtschaft-Gesellschaftsstrukturen. Joseph Beuys hat aufgezeigt, daß es die Logik der Kunst ist, die es ermöglichen kann tatsächlich entlang den Bedürfnissen der Menschen einen Weg aus der Totalität der Destruktion zu finden.
Die soziale Plastik basierte nicht auf einem intellektuellen, politischen Prinzip oder Modell, sondern auf der Intuition die über die künstlerische Erfahrung aufleuchtet. So erweitert der ‚erweiterte Kunstbegriff’ nicht – das ist dann die Folge – in erster Linie die Gesellschaftsstruktur, sondern die Kunst, so daß sie aus ihrem Ghetto herauskommt und in das Zentrum rückt.
Das Kraftfeld der Dinge, Objekte im Austausch mit dem Betrachter ist das bedeutende Feld der sozialen Plastik. „Die Idee der sozialen Plastik können wir nicht als
‚logisches Gebilde’ aus den Dingen erkennen sondern wir erfahren sie als ‚Kraft der Frage’.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S. 51)
In diesem Sinn evozieren die Dinge die soz. Plastik.
Was meint Johannes Stüttgen wenn er von der ‚Gleichzeitigkeit zweier Zeitdimensionen’, von der ‚realen Anwesenheit eines Zukünftigen’ spricht? (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag, 1998, S.117)
Die soziale Plastik ist eine Verbindung von Innen und Außen, von Idee und Dinghaftigkeit, die ebenso eine Verbindung von Gegenwart und Zukunft ist. Sie ist das Zukunftsbild, das sich im Kraftfeld der substantiellen Materie bildet. Sie ist Zukunftsutopie und gleichzeitig reale Gegenwart als Prozess.
„Joseph Beuys rollt also das gesamte, sich in der westlichen Entwicklung entfaltete Ideenfeld zurück bis an diesen ursprünglichen…Ausgangspunkt ‚Plastik’, um
eine Entwicklung höherer Art, die eben nur da, d.h. in der Kunst zu begründen ist, aufzurollen. Diese Entwicklung zielt auf die Gesellschaft als Gesamtkunstwerk… Wirkliche Demokratie ist, so Joseph Beuys, nur aus der Kunst heraus zu haben.“ (Denker, Künstler, Revolutionäre, Johannes Stüttgen, Vortrag Kulturzentrum Achberg Mai 1994, Hrsg. Rainer Rappmann, FIU-Verlag, 1996, S.147)
Für Joseph Beuys ist das plastische Prinzip das Gestaltungsprinzip schlechthin, das Basisprinzip des politischen Handelns im demokratischen Prozess.
Es nimmt in der Logik der Kunst ihren Anfang, dort wo das Freiheitswesen des Menschen steht, dort wo der universelle Ideenpol die Intuition ermächtigt.
Das Demokratische Prinzip ist, wenn es sich dabei nicht um die Ideologie von Wirtschafts- und Parteidiktaturen handeln soll, ein plastisches Prinzip, das unaufhörliche Hervorbringen menschen- bzw. lebensgerechter Bedingungen in regionalem, globalen, universellen Sinn: „Das Hervorbringen der Plastik ist
selbst Plastik. Plastik ist ihr eigenes Hervorbringen.“ (Johannes Stüttgen,Vortrag Kulturzentrum Achberg Mai 1994).
2. 4. Der erweiterte Kunstbegriff im Überblick
„Der Grundgedanke wird ja oft aus den Augen verloren bei all diesen Sachen. Es handelt sich einfach um dieses für viele Leute immer noch schwer zu verstehende Prinzip, daß Kunst heute nicht mehr Kunst sein kann wenn sie nicht in das Herz unserer vorgegebenen Kultur hineinreicht und dort transformierend wirkt. Unsere gegenwärtige Kultur hat überhaupt nichts zu tun mit dem, was eine Kulturbehörde betreibt,
sondern unsere gegenwärtige Kultur ist voll bestimmt – alle Menschen sind auch voll mitbestimmt durch das, was man das ‚Wirtschaftliche Wesen‘ nennt, d.h. wir leben in der Tat in einer Wirtschaftskultur! Wir dürfen uns da gar nichts vormachen: wir leben sonst in überhaupt keiner Kultur! Was sonst noch ist hat einen Nischencharakter,
sind Traditionen, die irgendwie mit rübergeschleppt werden, oftmals arg missbraucht werden zur Dekoration dieser Wirtschaftsabsichten, die meist von Egoismen betrieben sind – Profitmaximierung, Ausbeutung hier und da, usw. Und insofern gehört eine Kulturbehörde mit zum Ausbeutungssystem. Das muss mitverstanden werden. D.h. eine Kunst die nicht die Gesellschaft gestalten kann und dadurch natürlich auch in die Herzfrage dieser Gesellschaft, letztendlich in die Kapitalfrage hineinwirken kann, ist keine Kunst. Das ist die Formel. Und die mag für viele Leute noch so unkünstlerisch
aussehen – für viele Leute sehen gerade diese Forderungen absolut unkünstlerisch aus, weil die Menschen alle erzogen worden sind unter einem Kunstbegriff, der ganz anders ist, der aus traditionellen Vorstellungen denkt…“ (J.Beuys, Rede vor der Hamburger Kulturbehörde, Jan. 1984, in: Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998, S. 65
Aus: Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle
Kommen wir über die Kunst, und laut Beuys nur über sie, dazu, die Frage zu beantworten weshalb nur sie der Schlüssel sei für eine Neugestaltung und Neubestimmung?
Joseph Beuys hat einen Kunstbegriff geschaffen der einerseits die Zweckfreiheit der Moderne, „l´art pour l´art“ entlässt, der den Selbstzweckcharakter der Kunst aufhebt und andererseits die Materie, das Ding an sich in seiner Totalität erscheinen lässt.
In der Neuzeit entwickelte sich der Kunst- und auch der Wissenschaftsbegriff aus seiner gesamtgesellschaftlichen Funktion immer mehr heraus. Was wir heute unter Kunst verstehen war in den alten Kulturen, noch bis in das Mittelalter, keine eigenständige Größe. Bis zur Renaissance war die Kunst im Dienst von Herrschaft und Religion, Kirche, sie diente einem Zweck im gesellschaftlichen Gefüge, den sie allmählich über das neue Bewusstsein des Individuums, der Mensch als das Maß aller Dinge, aufgab.
Beuys nennt Leonardo da Vinci diejenige Figur, die den alten Kunstbegriff aufhebt, die einen Anfangspunkt setzt für den neuzeitlich Kunst- und Wissenschaftsbegriff. Desto autonomer die Kunst wird desto weiter entfernt sie sich aus den gesamtsgesell- schaftlichen Zusammenhängen und wird allmählich ein Anhängsel der Gesellschaft.
„Kunst wurde nicht nur autonome Größe, sondern diese Autonomie, dieses In-sich- selbst-Gründen wurde, und in der Moderne ausdrücklich, zum Charakteristikum, zur Bedingung der Kunst. Kunst diente nicht mehr einem außerhalb von ihr liegenden Zweck, sie stand nur noch als eine ihre eigenen Gesetze mit jedem Kunstwerk neu schaffende Größe für sich selbst. Dieser Kunstbegriff ist nicht mehr zu trennen vom Begriff der Zweckfreiheit, das Kunstwerk ist Selbstzweck, eine Ganzheit in sich. Der Preis dieser absolut gesetzten Autonomie der Kunst ist ihre Ablösung von dem allgemeinen Lebenszusammenhang….Der Selbstzweckcharakter der Kunst, der als Errungenschaft der Neuzeit angesehen werden muss, ist in der Moderne zur Erfüllung gekommen, zugleich an seinen kritischen Punkt.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen,
FIU-Verlag, 1998, S. 82)
Die Autonomie der Kunst, ihr Selbstzwecks gipfelt schließlich in der autonomen Gattung jedes einzelnen Werkes, in der absoluten Individualität. Genau an dem Punkt, der mit dem Selbstzweckcharakter der modernen Kunst zusammenfällt, setzt der Kunstbegriff von Joseph Beuys an.
Der in der Kunst als Selbstzweck realisierte Freiheitsaspekt ist im ganzen Bereich der
„Nicht-Kunst“, allen wesentlichen Gesellschaftsbezügen wie Ökonomie, Politik und Bildung ohne Boden. In materialistischen Denk- und Wirtschaftsbezügen herrscht der extremste Zweckzwang in Richtung kapitalistischer Verwertbarkeit, eingeschlossen sind auch die Bereiche Bildung und Forschung. Die Kunst in ihrem Selbstzweck, der in seinem Kern einen Freiheitscharakter hat, erscheint als der Extrateil für das es eingerichtete Nischen im kapitalistischen Kunstbetrieb gibt.
Der Kunstbegriff von Joseph Beuys führt diesen Freiheitsaspekt, der sich reduziert auf das einzelne Werk, quasi eingesperrt ist im einzelnen Werk und der Werkvermarktung, in den gesellschaftlichen Gesamtbereich. Dieser Freiheitsaspekt ist im erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys Zweck der Kunst, Zweck der menschlichen Schöpferkraft. „Hier ist also ein Kunstbegriff auf dem Tisch, der uns aufrufen soll zur sozialen Mitgestaltung der Zukunft.“ (Joseph Beuys in: Ein kurzes Bild von dem konkreten Wirkungsfelde der sozialen Kunst, Joseph Beuys, FIU Verlag, 2006)
Das Freiheitswesen im Selbstzweck der modernen Kunst, im traditionellen Kunstver- ständnis, wird bei Beuys zum gesamtgesellschaftlichen Zentrum, es zeigt sich als das Herzstück des Kunstbegriffs von J. Beuys. Die Kunst ist aus ihrem gesellschaftlichen Nischenbereich heraus direkt im gesellschaftlichen Zentrum gelandet. Das Freiheitswesen ist in der Gesellschaft angekommen. Dabei muss mitgedacht werden, daß die Überwindung des Selbstzweckcharakters in der Kunst nicht auf Kosten des Selbst von Materie geschieht. Die von Beuys geschaffene Organisation der Materie in ihrer Größe, ihrem Maß, ihrer Verbindung von Raum und Zeit wirkt aus sich selbst heraus. „Der Selbstzweckcharakter der Einzelmaßnahmen wurde dadurch-was entscheidend ist, da sonst von Kunst keine Rede sein könnte-keineswegs beeinträchtigt, aber er erschöpfte sich nicht mehr in ihr.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU-Verlag 1998, S. 83)
Die Intention des Künstlers ist es auf das Ganze hin zu wirken. Der Zweck der Kunst liegt im Ganzen. Diese Intention ist in ihrer geistigen Kraft präsent, ist präsent als Kunst, die es uns nicht erlaubt uns in die ‚Kunst an sich‘ zu flüchten, hängenzubleiben in Farbe, Form etc. Die Kunst entledigt sich nicht ihres Freiheitswesens sondern ihres Selbstzwecks.
Der Impuls der auf das Ganze zielt und nicht am Objekt hängenbleibt, der über es hinausweist und über es hinauswirkt und ihm doch nicht seine Eigenständigkeit, seine Größe raubt, kommt aus der Kunst selbst.
Aus der Kunst, wie erwähnt aus der Abbildung einer Skulptur von Wilhelm Lehmbruck kommt die Intuition für Beuys als der Beginn einer lebenslänglichen Forschung zum Thema Plastik, Forschung die zum erweiterten Kunstbegriff führt. Es ist die Kunst die erweitert wird wenn Beuys 1972 auf der dokumenta 5 in Kassel verkündet: “Die Verwirklichung der Demokratie ist die primäre Aufgabe der Kunst in der Gegenwart.“ (Denker, Künstler, Revolutionäre, Johannes Stüttgen, FIU- Verlag, 1996, S. 122)
In der Auseinandersetzung zum Beuysschen Kunstbegriff liegt der Schwerpunkt häufig auf der Erweiterung im gesellschaftlichen Zusammenhang, was zu einem erheblichen Missverständnis führt, denn Beuys hat das ganze Gewicht auf die Kunst gelegt. Das Objekthaft-Sinnliche in seiner substantiellen Wirkung, in seiner
Stoff-Geistigkeit war für Beuys der Ausgangspunkt seiner Erweiterung. Kein gesell- schaftliches Konzept soll erweitert werden sondern die Kunst, das schöpferische Potential als Ausgangspunkt für die notwendige Neugestaltung der Gesellschaft.
Der Kunstbegriff von Joseph Beuys ist, wie erwähnt, in seiner Bipolarität von Stoff-Idee, Sinnliche Dingerfahrbarkeit – Ideenzusammenhang zu erforschen. Joseph Beuys kam über seine intensive Auseinandersetzung mit dem plastischen
Element zur Erweiterung. „Auf diesem Weg des sich-vollständigen Einlassens auf das plastische Tun wurde er von dem im Stoff geformten, durch den Stoff hindurch zurück auf die nicht in ihm vorfindbare Wirklichkeit des diese Form Begründenden gestoßen, das ja nicht eine schon vorher fertige Idee war, sondern der Drang zu etwas Zukünftigen, das aus sich selbst heraus Form werden wollte im Stoff“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998, S. 133) Die Frage nach der Erweiterung der Kunst muss im Außen ansetzen , vom Stoff ausgehen, muss sich einlassen auf das Geheimnis das uns die Materie von außen entgegenbringt. Das Geheimnis liegt einerseits im sich Zeigen der Materie und anderseits im sich Verbergen in sich selbst, ein paradoxer Vorgang, ein sowohl auch, ein Parallelprozess.
Diejenigen Kräfte, die wir nicht mit unserem Blick der hellen Ideen erreichen können, nicht mit logisch-logistischer Rationalität erfassen sind die Kräfte, die uns aus der Kunst entgegentreten, die, wie erwähnt, Intuition und Denken, den ‚Denksinn’, so Beuys, umfassen.
Die Verwirklichung der Demokratie kann nur mittels der Kunst geschehen, der Ausgangspunkt ist das Freiheitswesen, das im Gesamtzusammenhang aller Kräfte steht und somit der einzige adäquate Ausgangspunkt ist, der es ermöglicht jenseits von Ideologie zu wirken.
Der Künstler ist derjenige, “der doch alles verhindert, der die Umwelt verschmutzt, natürlich nicht weil er Klavier spielt sondern weil er es versäumt darüber nachzudenken was in der Schwelle passiert mit seiner Kunst. … Jenseits der Schwelle wird vom Menschen mehr gefordert. Da wird gefordert, daß zu dem was erworben ist in der Geschichte an Begrifflichkeit für die Kunst noch eine Disziplin dazu kommt, die alles andere umfasst, die quasi die Plazenta des Lebenswesens des sozialen Organismus ist… Das Schönsten vom Schönen muss doch erst erreicht werden: der soziale Organismus als Lebewesen in seiner Freiheitsgestalt und als die große Errungenschaft einer Kultur jenseits der Moderne.“ (Beuys in: Kunst und Politik, Joseph Beuys/ Michael Ende, FIU-Verlag, 1989, S. 63)
Joseph Beuys konfrontiert in seinem Kunstbegriff die Künstler mit der Verantwortung, die aus dem Freiheitswesen der Kunst resultiert. In der Diskussion die Beuys im Februar 1985 in Achberg mit Michael Ende hatte besteht Beuys darauf, daß der Künstler über die ‚Schwelle’ treten muss, daß er sich nicht auf sein Spezialgebiet Malen, Musizieren etc. beschränken kann, dass die Vision des Ganzen die Blickrichtung vorgibt.
Die Schwelle ist der Ort an dem die Erweiterung der Kunst geschieht. Die Schönheit erstrahlt in der umfassenden Gestaltung.
Der Künstler ist in diesem Prozess aus seinem Atelier-und Kunstmarktghetto ausgestiegen. In seiner intuitiven Kraft ist er mit der Herzfrage beschäftigt.
Der Kunstbegriff von Joseph Beuys ist ein Antimaterialismusbegriff, wobei der pervertierte Materialbegriff gemeint ist, der völlig unkünstlerisch die Materie in eine geistfreie Stofflichkeit pervertiert hat, der die Geistigkeit der Materie negiert. „Der Materialismus ist ein Inkarnationsprozeß. Das ist nur ein emanzipatorischer Prozessum zur Individuation zu kommen und nicht in den alten Kollektiven hängenzubleiben… Der Materialismus ist eine Technik um sich davon zu befreien… ohne Materialismus ist keine Freiheit möglich.“ (Beuys in:Heiner Stachelhaus, Phänomen Beuys, Kunstmagazin Nr. 50, S. 41, 1073)
Der Materialismus zwingt den Mensch sich aus der Reduzierung der materiellen Gesetzmäßigkeit herauszuarbeiten, ermöglicht das Aufwachen an der Grenze. Beuys begriff den Materialismus als die Epoche der Evolutionsgeschichte, die notwendig war um die Materie vollkommen zu durchdringen, als eine enorme Leistung die zu werten ist als Schritt, der vom kollektiven Bewusstsein des Gruppeninteresses zum individuellen Freiheitsbegriff führte.
Das Durchdringen der Materie führte schließlich zu ihrer Erweiterung, in den Zusammenhang aller Kräfte. Es handelt sich um ein erweitertes Materialismusver- ständnis und nicht um die Abschaffung des Materialismus. Beuys sieht im individuellen Freiheitsaspekt die Voraussetzung zur bewussten Annahme der Schöpferkraft. Der Mensch geht vom Individuationspunkt aus in die Neugestaltung der Gemeinschaft, in die Gestaltung des sozialen Organismus. Er ergreift die eigene Schicksalsgestaltung, erkennt sich im Kreator.
Die Analyse der Materie ist der Inkarnationsweg, “hier an diesem Punkt ist der Mensch überhaupt erst inkarniert. “ (Beuys in: Die soziale Plastik, Harlan, Rappmann, Schata, Achberger Verlag, 1984, S. 17)
Der Mensch kommt in dieser Evolutionsepoche so ganz und gar in seiner materiellen Daseinsform an. Der materialistische Wissenschaftsbegriff ist unter Abspaltung aller spirituellen Ebenen, als Reduktion auf die Gesetzmäßigkeit der Materie entwickelt worden und für den analytisch- technologischen Bereich dienlich. Er kann folglich nicht auf den gesamten Kulturbereich übertragen werden, das würde den kulturellen Untergang bedeuten. Er ist als kulturelle Grundlage fehlgesetzt.
So wie der Wissenschaftsbegriff materialistisch erstarrt ist, so erstarrt der Kunstbegriff im Akademismus bzw. in der Kunstvermarktung.
„Der Materialismus hat das Prinzip des Todes herausgearbeitet.“ (Beuys in: Die soziale Plastik, Harlan, Rappmann, Schata, Achberger Verlag 1984, S. 17)
Er ist zu sehen als die „wichtigste Einseitigkeit der Geschichtsentwicklung.“ (Beuys
in: Die Soziale Plastik, Harlan, Rappmann, Schata, Achberger Verlag, S. 17)
Im klaren Bewusstsein dieser Einseitigkeit, von diesem Punkt ausgehend , ausgehend von der Notwendigkeit dieser Einseitigkeit ist die Vielschichtigkeit neu zu greifen, zu definieren für einen neuen Standpunkt von wo aus Materie-Geist, Mensch-Kosmos, Menschsein ist Künstlersein, der soziale Organismus entwickelt wird.
So wenig man Halt machen kann bei der materialistischen Begrifflichkeit so wenig kann man Halt machen beim Kunstbegriff der Moderne.
Der Grundgedanke im Kunstbegriff von Joseph Beuys , die Notwendigkeit der Kunst in die Herzfragen der Gesellschaft hineinzuwirken, ist auch heute ein meist schwer zu fassendes Prinzip, ein extrem weitreichender Gedanke, so “daß er damit alles bis dahin subsummiert und in den Schatten stellt und er wird nachdem er einmal von J. Beuys in die Welt gesetzt worden ist, uns in Zukunft nie mehr in Ruhe lassen können“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998,) Um sich mit diesem Zentralaspekt der Beuysschen Kunstbegriffs zu beschäftigen ist es notwendig ein Verständnis für die Kunst als Nischenaspekt der Gesellschaft zu erwerben, d.h. den tradierten, einseitigen und verengten Kunstbegriff zu erkennen.
Welche Rolle spielt die Kunst im emarginierten Raum?
Wie Beuys des Öfteren sagt, sei es unbedingt notwendig die strukturstabilisierende Funktion zu durchschauen, die Tatsache, daß die ‚Spielwiese’ Kunst, und möge sie noch so bürgerschreckmäßig gestaltet sein, die Unmenschlichkeit des Ausbeutungssy- stem insofern stabilisiert, weil ihr akzeptierter Getto-Rahmen das Zentrum des Systems gar nicht trifft, weil die Kunst im Ghetto niemals ‚das scharfe Messer’ sein kann das, wie Picasso es forderte, die Produktion der extremen Missstände aufschlitzt. Es war das große Anliegen von Joseph Beuys die dringendsten Fragen der Gesellschaft, der Weltgemeinschaft ernst zu nehmen, die Kunst ganz real nicht aus der Politik rauszuhalten. Beuys war jenseits von Parteipolitik selbstverständlich politisch. Die Botschaft von Beuys, die der Kunst eine Aufgabe erteilt, ist für den Kunstbegriff der Moderne ein Affront.
Schluß
„Der Ganzheitsbegriff der Kunst als Zweck schlechthin ist natürlich eine gehörige Zumutung, bedeutet er doch den Bruch mit jedweder traditionellen Ganzheitsvor- stellung, aber auch der Vorstellung von Kunst als bloßem Teil davon- und nicht nur den Bruch mit den Vorstellungen, sondern vor allem auch mit allen daran geknüpften Gewohnheiten und Gefühlen.“
(J. Stüttgen, Vortrag Juni 1986, Fachhochschule Augsburg, S.83)
Aus: Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle
Johannes Stüttgen sagt zu dem Versuch, der seitens der Betrachter und Rezensoren des Werkes von Beuys hartnäckig immer wieder unternommen wird, sein Werk aufzuspalten in den konkreten Teil von Objekt- Installation-Aktion, welcher eigentlich den wahren Beuys ausmache, und den ideellen der soz. Plastik, welcher häufig als derjenige gesehen wird der, weil zu unrealistisch, bodenlos utopisch, eben nicht haltbar sei: „Sehen sie wieder haben wir es mit dem interessanten Phänomen zu tun, daß Beuys von seinem Eigentlichen, nämlich der Spanne, dem Kraftfeld der Gesamtintention, also von der substantiellen Zusammengehörigkeit der Extreme
‚Idee-stoffliche Gebilde,’ weg auf eine Seite gezogen werden soll. Offenbar – als liege gerade in diesem erbitterten Trennungsversuch, sei es in die eine, sei es in die andere Richtung , der schlagende Beweis dafür – muss es genau diese Spanne
sein, die so schwer auszuhalten ist, auf die es aber bei J. Beuys gerade ankommt.“ (Zeitstau, Johannes Stüttgen, FIU Verlag, 1998 )
Im Zuge der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aspekten des Beuysschen Werkes ist es diese Spanne, dieser beinahe unfassbar weite Bogen von Materie, Objekt zu Idee, Geist, der als der entscheidende Aspekt in seinem Werk betrachtet werden kann, der nicht endgültig definiert werden kann, der uns jedoch auf vielschichtigste Weise beschäftigt, auf vielschichtigste Weise schöpferisch tätig werden lässt, der uns endlos Möglichkeit verschafft Künstler zu sein, der uns weit entfernt jedweder ideologischen Enge in die Freiheit des Künstlers führt, wie Beuys anmerkt: „Demokratie ist lustig.“ (Beuys in: Kunst und Politik, FIu Verlag, 1989, S. 123)
Die Spanne, die von dem einen Pol zum anderen geht ist ein äußerst dynamisches Element und verhindert schon in ihrer Dynamik Ideologieentstehung. Sie hebt, wie erwähnt, die Spaltung von Materie und Geist auf und ist deshalb so schwer nachvollziehbar, sie ist eine ‚ ‚Zumutung’.
Das Einbeziehen schamanischer Ebenen ist für Joseph Beuys eine Möglichkeit die übersinnliche Ebene, den intuitiven Aspekt als notwendige Voraussetzung für die kreativen Prozesse in der Gestaltung der sozialen Plastik zu veranschaulichen.
„Stattdessen repräsentiert Schamanismus, als eine Methode, Chaos in Ordnung zu transformieren und somit die ganze Struktur der Gesellschaft zu transformieren, eine Weltanschauung, die Joseph Beuys systematisch zu einer neuen plastischen Theorie und zu der sozialen Plastik transformierte und damit die gesamte Definition der Kunst und die Rolle des Künstlers in der modernen Gesellschaft radikal veränderte.“ (Goodrow in: Joseph Beuys –Tagung, Hrsg. Harlan, Koepplin, Velhagen, Basel 1991, S. 100)
Die hier angesprochene Ordnung ergibt sich über den Bezug zu den übersinnlichen Ebenen. Schamanismus ist bei Beuys Werkzeug in dem bereits besprochenen Sinn für die plastische Theorie und die soziale Plastik, ist ebenso Handlung die ganz real auf die Ebene jenseits der Alltagswirklichkeit führt.
Zum Schluss die Öffnung
Joseph Beuys: „Also daraus muss man die Lehre ziehen, dass ein Kunstwerk umso besser ist, je weniger man davon versteht. Je weniger man davon versteht, umso richtiger.-(Lachen)-Ja, das ist wahr, und für die Kunst am besten! Kunst ist nicht zum Verstehen da. … Aber in der sozialen Kunst muss man etwas verstehen, das heißt, da müssen die Begriffe gefasst werden. Und das ist natürlich auch in der Kunst erlaubt, durchaus. Aber ebenso möchte ich ein großes Feld derjenigen Kunst einräumen, die man nicht verstehen kann.“
Ende: „Wenn Sie wirklich wollten, dass man nicht versteht, was Sie machen, dann
würden Sie sich nicht so große Mühe machen, so lange über das zu sprechen, was Sie gemacht haben.“
Beuys: „Das wollte ich im zweiten Satz sagen. Gerade derjenige, der versucht sich am allerverständigsten zu machen, ist derjenige, der am allerwenigsten verstanden wird.- (Lachen)- Ja, das ist das Gesetz. Derjenige, der sich am allerklarsten ausdrückt und sich sehr viel Mühe macht, verstanden zu werden, in Bezug auf die der Sache innewohnenden Problematik der Kunst, der wird nicht verstanden, überhaupt nicht.“ Rappmann-Kopp: „Was muss denn der Mensch können, wenn er das nicht versteht, was Du machst?“
Beuys: „Erlebnisfähigkeit muss er haben. Er muss in den Formen etwas erleben können. Das heißt, er muss sich an den Formen vollkommen neu innerlich organisieren können. Und da ist es durchaus berechtigt, dann hinterher natürlich auch zu fragen: Was hat Sie dahin geführt? Und dann bin ich ja auch immer gerne
auskunftsbereit. Ich gebe nie eine Interpretation. Aber ich sage immer, welche parallel damit verbundenen Überlegungen mich dazu geführt haben, dass ich mich dafür entschieden habe.“
Rappmann-Kopp: „Aber auf der anderen Seite sagst Du, die soziale Kunst braucht Menschen, die verstehen können. Wenn sie keine Erkenntnis haben, also wenn sie nicht auch bewusstseinsmäßig im rechten Denken zu etwas gekommen sind, dann können sie auch nicht an der sozialen Plastik arbeiten. Würdest Du das so sagen?“ Beuys: „Das ist richtig. Insofern gehört dieser Teil des Gesprächs, über die Gründe, warum man dahin gekommen ist, die Zeichen so oder so zu setzen, im Grunde schon zur sozialen Plastik. Das ist der Sinn der Aktionskunst ja auch. Der Sinn der Aktionskunst ist ja tatsächlich, dass es zu diesem Gespräch kommt, dass nicht nur etwas provoziert wird, obschon man, sagen wir einmal, wirklich etwas machen will, von dem man meint, es ist wichtig. Wenn man sich darüber ziemlich viele Gedanken gemacht hat, es auch so präzise und genau zu machen wie möglich, stellt man fest: Gerade das wird nicht verstanden, gerade das nicht. Dann gibt es aber
ein wunderbares Erlebnis durch die Provokation dieser Sache: Damit kommt man auch noch auf die weitergehende Problematik zu sprechen. Und aus dieser viel weitergehenden Problematik kann unter Umständen ein nächstes Objekt entstehen, das noch weniger verstanden wird. Verstehst Du? Aber dann wird der Teil der sozialen Kunst, der auch berücksichtigt, dass der Mensch intellektualisiert ist – weil wir das alle mehr oder weniger sind- zu einem gemeinsamen Bemühen um das Imaginative, um die imaginative Fähigkeit zu entwickeln. Diese Setzungen, die schätze ich sehr hoch ein: Etwas den Leuten vorzusetzen, was sie fesselt, weil sie es nicht verstehen. Hätte ich etwas gemacht, was die Leute verstehen könnten, hätten sie gesagt: Ja, o.k., ist in Ordnung, langweilig!“ (Kunst und Politik, Joseph Beuys/ Michael Ende, FIU-Verlag, 1989, S. 95-96)
Anhang: Was bedeutet die Kunst von Joseph Beuys für den Kunstunterricht?
„Im gewohnten geistig-physisch-sinnlichen Erleben dringt das Geistig Seelische bildend vor bis zu der Organisation der Sinne; dann lässt es hereinscheinen in die Sinne was äussere physisch-materielle Wirklichkeit ist, und in den Sinnen begegnet sich äussere physisch-materielle Wirklichkeit mit innerem geistig-seelischem Dasein und geht jene geheimnisvolle Verbindung ein,..“
( Rudolph Steiner, Kunst und Kunsterkenntnis, Rudolph Steiner Verlag, Dornach 1985, S.215)
Das Anliegen in der Pädagogik von Rudolph Steiner ist es diese Verbindung, wie sie im obigen Zitat erwähnt ist, zu bewahren bzw. sie zu fördern.
Ist es möglich über die Auseinandersetzung mit Joseph Beuys die Notwendigkeit dieser Verbindung nachvollziehbar zu machen?
Ist es möglich der Komplexität der hier angesprochenen Stoff-Geist Bipolarität, die dem gesamten Werk von Beuys zugrundeliegt näherzukommen?
Wenn sich die Auseinandersetzung mit Beuys nicht erschöpfen soll entweder im Erlebnis seines objekthaften Werkes oder aber in der Bearbeitung seiner theoretisch- politischen Arbeit dann ist es die erwähnte Komplexität, die den Unterricht
leiten muss.
Für meinen praktischen Unterrichtsansatz verfolge ich zwei parallel laufende Schienen: der eine Teil besteht aus der Erfahrung der eigenen Kreativität der Schüler im Kontext des Kunstunterrichts mit der entsprechenden Reflexion dazu. Wie erleben sich die Schüler im kreativen Zustand, was löst dieser Zustand bei ihnen aus?
Zum anderen handelt es sich um die Konfrontation sowohl mit dem objekthaften Werk von Beuys, wobei die direkte Erfahrung seiner Arbeiten z.B. im Museum als eine weitere Erlebnisgrundlage eine wichtige Rolle spielt, als auch um die Konfrontation mit dem theoretisch-politischen Aspekt seines Werkes.
Gelangen wir über diese Form der Auseinandersetzung zu einer für die Oberstufe relevanten Reflexionsbereitschaft?
Kann der Anspruch von Joseph Beuys, der dem ‚ Kreator‘ Mensch die soziale Plastik aufträgt, nachvollziehbar erscheinen in seiner Aktualität?
In der Arbeit mit den Schülern erscheint es mir sinnvoll abzuwarten, welche Bedürfnisse der Schüler sich aus der Auseinandersetzung mit Beuys und ihrer eigenen Kreativitätserfahrung ergeben. Diese können dann in einer folgenden Epoche berücksichtigt werden. Denkbar ist in diesem Zusammenhang eine fächerübergrei- fende Epoche für Kunst und Gesellschaftskunde.
„Jenseits der Schwelle wird vom Menschen mehr gefordert. Da wird gefordert, dass zu dem was erworben ist in der Geschichte an Begrifflichkeit für die Kunst, noch eine weitere Disziplin hinzukommt, die alles andere umfasst, die quasi der Lebensbereich und die Plazenta dieses Lebewesens, des sozialen Organismus ist.“ ( Joseph Beuys in: Der Tod hält mich wach, W. Zumdick, Pforte Verlag, 20001, S.130)
Jenseits des herkömmlichen Kunstbegriffs, jenseits von Schule und Elternhaus, das die jungen Menschen der Oberstufe im Begriff sind zu verlassen, warten neue
Herausforderungen. Diesen bewusst aus den kreativen Kräften und Fähigkeiten heraus zu begegnen ist mit der Erarbeitung des erweiterten Kunstbegriffs von Joseph Beuys angeregt.
Literaturverzeichnis
Joseph Beuys, Das Geheimnis der Knospe zarter Hülle, Texte 1941-1986, Hrsg. Eva Beuys, Schirmer/ Mosel 2000
Joseph Beuys, Arbeiten aus Münchner Sammlungen, Schirmer/ Mosel 1981
Joseph Beuys, Ein kurzes erstes Bild von dem konkreten Wirkungsfelde der sozialen Kunst, FIU Verlag, 2006
Eva Beuys, Wenzel Beuys, Joseph Beuys, Joseph Beuys Medienarchiv, Berlin2010
Hinrich Gerresheim, Interview mit Joseph Beuys, Joseph was ist eine freie Akademie, FIU Verlag 2014
Wolfgang Zumdick, Der Tod hält mich wach, Pforte Verlag, 2006
Martin Müller, Wie man dem Toten Hasen die Bilder erklärt, VDG Verlag 1994 Johannes Stüttgen, Zeitstau, FIU Verlag 1998
Rainer Rappmann, Denke, Künstler, Revolutionäre, FIU Verlag 1996 Harlan, Rappmann, Schata, Soziale Plastik, Achberger Verlag 1996 Carolin Tisdall, Joseph Beuys, Coyote, Schirmer/ Mosel 2008
Franz Joseph Verspohl, Joseph Beuys, Das Kapital Raum, 1970-1977, Fischer Taschenbuch 1993
Nicole Fritz, Bewohnte Mythen, Verlag für moderne Kunst, Nürnberg, 2007
Rudolph Steiner, Die Philosophie der Freiheit, Rudolph Steiner Ausgaben,
- Auflage 2015
Rudolph Steiner, Kunst und Kunsterkenntnis, Rudolph Steiner Verlag, Dormach 1985 Theodor W. Adorno, Erziehung zur Mündigkeit, Suhrkamp Verlag 1971
Erklärung
„Ich versichere hiermit, dass ich die Arbeit selbstständig und nur mit den angegebenen Hilfsmitteln angefertigt habe und dass alle Stellen, die dem Wortlaut oder dem Sinne nach anderen Werken entnommen sind, durch Angaben der Quellen als Entlehnungen kenntlich gemacht sind. Diese Arbeit ist bislang keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und nicht veröffentlicht worden.“
25. Oktober 2017
Nutzungsvereinbarung
„ Ich stimme zu, dass meine Arbeit ggfs. ausgewählt wird, um sie für spätere Studierende bzw. im Rahmen des öffentlichen wissenschaftlichen Diskurses einsehbar zu halten.Im Fall einer von mir nachträglich gewünschten Einschränkung kann diese Nutzungsvereinbarung formlos schriftlich widerrufen werden.“
25. Oktober 2017